4 Tipps für Beratungsgespräche zwischen Tür & Angel - nach Vorträgen und Seminaren
Ganz ehrlich: Auch ich brauche Seminar-Pausen zum Essen, Trinken, für den WC-Gang, ... Und will nicht ständig in dieser Interaktionsarbeit sein.
In dieser Episode geht es um Beratungsgespräche zwischen Tür und Angel. Wenn jemand nach einem Vortrag zu Ihnen kommt und sagt: "Kann ich Sie kurz noch was fragen? Bei mir in der Firma habe ich nämlich folgendes Problem ..."
Ich gebe ich Ihnen 4 Tipps, wie Sie bei solchen Gesprächen vorgehen können, ohne sich zu weit aus dem Fenster zu lehnen.
Denn Sie kennen das sicher auch, dass TeilnehmerInnen auf Sie zukommen nach einem Vortrag oder in einer Seminarpause und "nur kurz was fragen wollen". Und dann erzählen sie von ihren Problemen am Arbeitsplatz, manchmal auch eine sehr komplexe, konflikthafte Geschichte und wollen dann von Ihnen eine Lösung. Einen Tipp, wie man das Problem lösen kann. Ein Problem, das vielleicht seit Jahren besteht und das man nicht mal in 10 Minuten gut beschreiben kann.
Vielleicht haben Sie es auch schon erlebt, dass Sie versucht haben Tipps zu geben, aber die Person dann ständig den Kopf geschüttelt hat und gesagt hat: "Nein, ich glaube nicht, dass das bei uns geht." Oder: "Danke für den Tipp, aber bei uns läuft das so nicht."
Für genau diese Situation zeige ich Ihnen heute 4 Schritte, wie Sie dann vorgehen können. So, dass Sie trotzdem als hilfreich erlebt werden, aber sich nicht zu weit aus dem Fenster lehnen.
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2 Beispiele von Beratungsgesprächen nach Seminaren / Vorträgen
Diese Beispiele sind jeweils aus Fortbildungen, wo ich ArbeitsmedizinerInnen im Thema psychische Belastungen geschult habe.
Ich habe dort 2 Halbtage zum Vortragen. Und da kommen immer wieder Teilnehmende in den Pausen zu mir als Psychologin und fragen um Rat. Also gibt’s da max. 5 – 10 Minuten für eine komplexe Situation.
Beispiel 1:
Eine Arbeitsmedizinerin mit Mitarbeiterinnen, die sich viel gestritten haben. Die Mitarbeiterinnen A (Annette) und B (Bettina) waren lange sehr gut befreundet. Jetzt, seit einem Jahr, herrscht Funkstille und man streitet sich viel in der Arbeit.
Die Arbeitsmedizinerin selbst ist erst seit 6 Monaten die neue Führungskraft von beiden.
Mitarbeiterin Annette hat sich beschwert und will, dass die Mitarbeiterin Bettina gekündigt wird. Und sie hat der Arbeitsmedizinerin einen Brief vorgelegt, wo angeblich alle MitarbeiterInnen unterschrieben haben und eine sofortige Entscheidung wollen: "Wir wollen, dass Bettina gekündigt wird. Wenn das nicht geschieht, werden wir uns noch dieses Monat überlegen, welche Konsequenzen wir darauf ziehen und ev. selber kündigen."
Wie soll sie sich als Führungskraft entscheiden?
Beispiel 2:
Ein Arbeitsmediziner, der auch auf einer Corona-Station arbeitet und zuständig ist für Arbeitsbedingungen und Corona-Testungen.
Er sagt, dass seine KollegInnen schon sehr gestresst sind. Sie schreien ihn am Telefon an, wenn sie von einem positiven Testergebnis erfahren. Er ist schon sehr müde und ausgebrannt. Er will eigentlich nur noch Urlaub. Er will von mir psychologische Tipps "weil wenn ich schon die Möglichkeit habe, mit einer Expertin zu sprechen, dann nutze ich das doch gerne":
- "Was soll ich tun?"
- "Wie soll ich mit den Leuten sprechen?"
- "Wie kann ich den Stress von denen reduzieren?"
Das sind beides sehr komplexe Fälle. Eigentlich braucht es hier tiefergehende Beratung bzw. Coaching. Das kann und will ich in einer Pause von einem Seminar nicht leisten. Ganz ehrlich: Auch ich brauche diese Pausen für Essen, Trinken, WC-Gang, ... Und will nicht ständig in dieser Interaktionsarbeit sein.
Also, was kann man da machen?
1. Was machen die schon richtig?
Bei all diesen Beispielen habe ich versucht heraus zu hören, was diese Leute schon gut machen. Weil in einem schnellen Beratungsgespräch kann ich nicht alle Rahmenbedingungen analysieren. Ich werde nie genau verstehen, wie die Situation ist.
Und wahrscheinlich werden viele meiner Vorschläge abgeschmettert mit "Ja, das kann bei uns nicht funktionieren, weil..." Deshalb ist es hier wichtig sich auf die vorhandenen Ressourcen zu fokussieren und bisherige Lösungsansätze zu unterstreichen.
2. Was ist deren eigene Lösungsidee?
Und rauszuhören, woran die Leute denn denken. Sie sind selbst ExpertInnen für den eigenen Arbeitsplatz. deswegen haben sie auch sehr gute Ideen. Manchmal fehlt es nur an der Hilfe, Unterstützung und dem Mut.
3. Eventuell Lösungsideen vorsichtig anbieten:
- "Bei anderen Leuten/mir hilft immer wieder XY..."
- "Einen Tipp hab ich mal gehört. … Was halten Sie davon? Wie klingt das für Sie?"
4. Verweisen auf andere Angebote oder weiterführende Literatur
- "Kommen Sie doch mal in meine Sprechstunde."
- "Dazu habe ich einen Blogbeitrag geschrieben, der Sie vielleicht interessieren könnte."
- "Ich kann dazu ein super Buch empfehlen."
Weitere Empfehlungen:
- Episode 68: "So bleiben Sie lösungsorientiert, wenn MA sich nur beklagen (und 3 Fehler, die Sie dabei vermeiden sollten)"
- Episode 83: "So wirkt Ihre Einstellung auf KundInnen"
Wie ist das bei Ihnen? Mit welchen Fragen kommen die Leute denn zu Ihnen nach Ihren Vorträgen oder Seminaren? Schreiben Sie mir gerne auf LinkedIn oder Twitter mit dem Hashtag pionierederpraevention oder wenn Sie schüchtern sind, geht auch eine Direktnachricht ;-)
Wenn Sie sich mit Gleichgesinnten weiterentwickeln wollen: Schauen Sie vorbei unter www.PioniereDerPraevention.com . Das ist ein großes Netzwerk von Selbstständigen und innerbetrieblichen Fachkräften aus Arbeitssicherheit, Gesundheitsmanagement, Arbeitspsychologie und sogar einigen Behörden-VertreterInnen.
Veronika Jakl
Arbeitspsychologin, Autorin ("Aktiv führen") und Gastgeberin bei den "Pionieren der Prävention".
Begleitet seit 12 Jahren Organisationen dabei motivierende Arbeitsbedingungen zu schaffen und psychische Belastungen zu reduzieren.
Unterstützt PräventionsexpertInnen, die wirklich etwas bewegen wollen.
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