Menu

Stolperfallen bei Gruppendiskussions-Moderation

Alle reden durcheinander. Oder es ist hochemotional. Oder niemand sagt etwas. Gruppendiskussionen können anstrengend sein ...

In dieser Podcast-Episode reden wir darüber, über welche Dinge, Sie NICHT stolpern sollten, wenn Sie eine Gruppendiskussion moderieren. Danach wissen Sie genau, wo Sie aufpassen müssen, damit das Ganze zielgerichtet und lösungsfokussiert abläuft. Ich zeige Ihnen die größten Stolperfallen bei der Moderation von Gruppendiskussionen. Damit Sie in Workshops oder bei Meetings selbstbewusst rüberkommen und die Gruppe gezielt begleiten, auch bei hitzigen Diskussionen.

Als Arbeitspsychologin moderiere ich regelmäßig Gruppendiskussionen. In meinen ersten Jahren fand ich das oft anstrengend: Alle reden durcheinander. Es ist hoch emotional. Oder - für mich - noch schlimmer: Niemand will was sagen!

Gruppendiskussionen sind oft hilfreich in der betrieblichen Prävention, z.B. Gesundheitszirkel, ASA-Sitzungen, Workshops zur Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen.

Stolperfallen:

1. Die Zeit wird knapp

Die MitarbeiterInnen wollen z.B. viel mehr Themen diskutieren als sich ausgehen. Das passiert regelmäßig, v.a. wenn die Gruppe offen ist untereinander und es nicht oft solche Austauschmöglichkeiten gibt.

Mein Tipp: Episode 15 - "Stundenbilder - Was ist das? Was bringt das?"

Grundsätzlich darauf vertrauen: Wenn ein Thema gerade wichtig ist, dann werden die TeilnehmerInnen länger darüber reden wollen. Das ist in Ordnung, aber: Spielen Sie transparent den Ball an die Gruppe zurück: "Wir haben noch 1 Stunde. Was wäre da für Sie hilfreich zu diskutieren?"

2. Niemand will offen sprechen → Fehler in der Planung / Psychologische Sicherheit

Zu Beginn sollten Sie als ModeratorIn unbedingt eine gute Einleitung für die kommenden Stunden vornehmen: Worum geht es bei der Evaluierung psychischer Belastungen am Arbeitsplatz? Wer ist für das Projekt verantwortlich? Wie wurden die TeilnehmerInnen ausgewählt? Was wird von den TeilnehmerInnen erwartet? Was passiert mit den Ergebnissen?

Wenn Sie noch nicht oft moderiert haben, können Sie diese ersten 10 Minuten auch super vorab im Büro üben. Das nimmt Ihnen die Aufregung und Sie können sich dann auf die TeilnehmerInnen konzentrieren.

Wenn Sie die TeilnehmerInnen nicht kennen, sollten Sie in den ersten 20 Minuten keine kritischen Inhalte besprechen. Geben Sie den Leuten Zeit anzukommen und sich geistig auf das Thema einzulassen. Besprechen Sie hier zunächst die Hintergründe, den Workshop-Ablauf.

Anschließend passt eine kleine Vorstellungsrunde gut. Stellen Sie konkrete Fragen um Vielredner zu begrenzen: "Wie heißen Sie? Wie lange arbeiten Sie schon für die Firma? Wie lange arbeiten Sie schon an Ihrem jetzigen Arbeitsplatz? Welche Ihrer Arbeitsaufgaben unterscheidet Sie von den anderen Teilnehmern?"

Wichtig: Zwischen den Zeilen zuhören und viel Platz geben, Bedenken zu äußern!

3. Die MitarbeiterInnen haben Angst vor negativen Konsequenzen, wenn die/der ChefIn das Protokoll sieht

Die TeilnehmerInnen wollen schon reden, aber sie wollen nicht, dass es "offiziell" ist. Das sind Fragen zum Umgang mit kritischen Äußerungen: Wie kommt das Protokoll zustande? Was steht drinnen? Hat man ein Veto-Recht?

4. In der Gruppe gibt es einen Vielredner

Das haben Sie sicher auch schon mal erlebt in Diskussionsrunden:

  • Jemand der sich wichtiger nimmt als die anderen und nur die eigenen Ideen hören will.
  • Jemand der nicht zuhören kann.
  • Jemand der nicht auf den Punkt kommt.
  • Jemand der ständig abschweift.

→ Klare Fragen stellen, bewusstes Abbrechen, in Seminarraum: körpersprachlich abwenden

Rollenklärung für mich selbst: Ich bin nicht dafür da, dass alle super glücklich sind. Ich bin dafür da, dass wir als Gruppe ein Ziel erreichen.

5. Aktuelles Thema/Konflikt überlagert alles

Störungen haben Vorrang. Die Gruppe muss entscheiden, wie man weitermacht und ob sie weitermachen kann.

6. Die Gruppe redet Blödsinn

Das ist in der betrieblichen Prävention anders als z.B. bei einer Konflikt-Moderation. Bei einer Moderation aus dem Lehrbuch, ist die/der ModeratorIn allparteiisch und neutral. Als ExpertIn in der Evaluierung psychischer Belastungen jedoch ist es sogar verlangt, dass die/der ModeratorIn am Ende beurteilt, ob die besprochenen Arbeitsbedingungen psychische Gefährdungen im gesetzlichen Sinne darstellen.

Weiters sind Sie als ModeratorIn angehalten, Ihr arbeitswissenschaftliches und psychologisches Fachwissen einzubringen, wenn es darum geht, das Thema exakt zu beschreiben und Maßnahmenvorschläge zu erarbeiten. 

Bei der Beschreibung, was stresst, verfallen MitarbeiterInnen immer wieder in oberflächliche Beschreibungen oder Generalisierungen. Daher ist es absolut essentiell, genau nach z.B. der Häufigkeit eines solchen Ereignisses oder nach Zeitdauern etc. zu fragen. Hilfreich sind hier offene Fragen wie beispielsweise problemorientierte Fragen, Skalierungsfragen oder auch dissoziierende Fragen: "Wie lange sind Sie dann an der Auswertung gesessen? Hatten Sie dabei Unterstützung durch die Chefin oder Kollegen? Gab es einen, für Sie nachvollziehbaren, Grund für den kurzfristigen Auftrag? Wie oft kam denn eine solche Situation schon vor? Konnten Sie die Mittagspause damals nachholen?"

Zusätzlich ist es bei Beschreibungen solcher Situationen durch MitarbeiterInnen wie bei Augenzeugen-Berichten: Es gibt viele potentielle Fehlerquellen in der menschlichen Psyche!

Heuristiken, Beurteilungsanker und Kausalitätsannahmen verzerren die Wahrnehmung und die Erinnerung jedes Menschen jeden Tag. Als ModeratorIn müssen Sie daher kritisch bleiben. Durch gezieltes Nachfragen helfen Sie den MitarbeiterInnen ihre subjektiven Erinnerungen zu verbalisieren, sie bewusst zu machen und zu analysieren. Am Ende haben Sie dann die objektivere Beschreibung der psychischen Arbeitsbedingungen.

Wichtig: Nie vergessen, dass Vorschläge von Beschäftigten IMMER nur Vorschläge sind!

Meine weitere Empfehlung:

Zu dem Thema gibt es viele Inhalte in der Online-Akademie, weil das für die Mitglieder wirklich wichtig ist, zum Beispiel:

Mögliche Aufgabe für die nächste Moderation einer Gruppendiskussion:

Weichen Sie einmal von Ihrer Standard-Routine ab und wenden Sie 1 Tipp von heute an. Sie wissen selbst, was Sie mal ausprobieren sollten: Mehr schweigen. Mehr eingreifen. Mehr offene Fragen stellen.

 

Wenn Sie sich mit Gleichgesinnten weiterentwickeln wollen: Schauen Sie vorbei unter www.PioniereDerPraevention.com – Das ist ein großes Netzwerk von Selbstständigen und innerbetrieblichen Fachkräften aus Arbeitssicherheit, Gesundheitsmanagement, Arbeitspsychologie und auch einigen Behörden-VertreterInnen.

Feedback und Fragen an Veronika Jakl:
Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Veronika Jakl auf LinkedIn:
Hier geht es zur Online-Akademie "Pioniere der Prävention":
Veronika Jakl

Arbeitspsychologin, Autorin ("Aktiv führen") und Gastgeberin bei den "Pionieren der Prävention".

Begleitet seit 12 Jahren Organisationen dabei motivierende Arbeitsbedingungen zu schaffen und psychische Belastungen zu reduzieren. 
Unterstützt PräventionsexpertInnen, die wirklich etwas bewegen wollen.

back to top