Warum ich keine Kooperationen mehr eingehe
Kennen Sie die drei größten Gefahren bei Kooperationen? Und was passieren kann, wenn man schlechte Kooperationen eingeht?
In dieser Podcast-Episode erzähle ich Ihnen, warum ich als Selbstständige keine Kooperationen mehr eingehe und welche schlechten Erfahrungen ich diesbezüglich gemacht habe. Damit Sie gewarnt sind und die 3 größten Stolperfallen kennen!
Ich selbst bin seit bald 12 Jahren selbstständig. Und bin viele verschiedene Kooperationen eingegangen.
Wie war das bei mir mit den Kooperationen?
Meine erste Kooperation war im Rahmen meines ersten Projekts nach der Diplomarbeit. Ein Sportwissenschaftler hat Ergonomie-Schulungen gemacht. Und ich habe die Evaluation übernommen (Fragebögen). Er hat mit dem Kunden abgerechnet. Und ich habe ihm die Rechnung gestellt, als ich fertig war. Aber der Kunde hatte da noch nicht bezahlt gehabt. Ich hatte aber meine Fixkosten und habe mich dann schweren Herzens zu einer "Mahnung" durchgerungen.
Dann hatte ich sehr gute Kooperationen mit einer Unternehmensberatungsfirma, für die ich als Sub immer kleinere Teile von arbeitspsychologischen Projekten übernommen habe, wie Co-Trainerin in Workshops, Interviews oder Auswertungen.
Ein paar Jahre später hatte ich so viele Anfragen, dass ich die Aufträge nicht mehr alle selbst abarbeiten konnte. So habe ich drei Arbeitspsychologinnen als Subauftragnehmerinnen für Workshops eingesetzt. Ich selbst habe verhandelt, den Plan erstellt mit dem Kunden, aber die Workshops habe ich eben von jemandem anderen machen lassen.
Das Problem: Wenn ich nicht dabei bin, kann ich die Qualität nicht kontrollieren. Das ist ja auch vorher schwer abzuschätzen, weil man die KollegInnen meistens nur vom Reden und von Fortbildungen kennt, aber nicht deren Verhalten bei KundInnen bzw. in Workshops.
Es gab dann leider die Situation, dass sich eine Kundin zweimal über eine Arbeitspsychologin bei mir beschwert hat und deren inkompetente Empfehlungen in Workshops an Beschäftigte.
Was soll ich dann machen? Ich kann schwer selbst die Workshops übernehmen, weil ich ja keine Zeit dafür habe. Ich will aber den Kunden natürlich auch nicht vergraulen. Das war echt eine blöde Situation: Der Kollegin den Auftrag wegnehmen, jemanden anderen suchen oder selbst Termine reinquetschen, ...? Niemand war hier wirklich happy.
Warum ist das Thema wichtig?
Wenn ich schlechte Kooperationen eingehe:
- verliere ich die Lust am Projekt
- verärgere ich KundInnen
- ruiniere ich meine eigene Reputation, wenn die/der KooperationspartnerIn nicht gut arbeitet
- verliere ich Geld / kann Stunden nicht abrechnen
Also: Viel Frustration, die man vermeiden kann!
Bei guten Kooperationen hingegen bieten sich Möglichkeiten das eigene Portfolio zu ergänzen, etwas dazuzulernen, mehr Projekte in gleicher Zeit abzuwickeln und vielleicht sogar mehr Gewinn zu erwirtschaften. Dazu muss man aber die wichtigsten Stolperfallen kennen!
3 große Gefahren bei Kooperationen:
- Finanziell
- Es ist problematisch, wenn man selbst ganz andere Honorarvorstellungen oder Zahlungsbedingungen hat als die/der KooperationspartnerIn. Es kann sein, dass diese/r nicht bereit ist, mir einen Stundensatz von 180 EUR zu zahlen, weil sie/er selbst nur 120 EUR berechnet, aber auch Angst hat, dass der/die KundIn sonst abspringt.
- Es werden nicht alle Dinge kalkuliert, v.a. die Abstimmungszeiten zwischen den KooperationspartnerInnen. Die Terminkoordination oder gemeinsames Schreiben von einem Bericht ist einfach aufwändiger als alleine.
- Inhaltlich
- Es gibt die Gefahr, dass nicht ganz klar ist, wer welchen Teil übernimmt. Dann macht man Dinge doppelt, die nur einfach bezahlt werden, z.B. einen Projektplanungs-Workshop oder Ergebnisbesprechungen.
- Persönlich
- Viele Leute gehen eine Kooperation mit guten Bekannten ein / mit Leuten, die man mag in der Szene / mit Menschen, mit denen man in der Ausbildung war / mit Menschen, die man bei Kongressen kennengelernt hat beim Abendessen.
- Konfliktpotential: Schlechtes Feedback von KundInnen / Absagen, wenn Kooperation nicht gut funktioniert / Klärung von unterschiedlichen Vorstellungen, wie ein Projekt oder eine Dienstleistung auszusehen hat
Hören Sie in dieser Podcast-Folge auch zwei Beispiele von Anfragen und wie diese dann ausgegangen sind.
Fazit:
Wichtig: Ich muss genau wissen, welche Zusammenarbeits-Form ich will!
Grundlegendes:
- Wieso will ich mit jemandem zusammenarbeiten?
- Arbeite ich unter fremdem Firmennamen?
- Arbeite ich mit einer/einem KollegIn mit 2 Firmennamen?
- Will ich, dass jemand als Sub für mich arbeitet (auf Website so tun, als ob ich große Beratungsfirma wäre)?
Details:
- Wie ist das Finanzielle geregelt? Wer stellt die Rechnungen an die KundInnen? Wer zahlt wen und wann?
- Wer verfasst das Angebot? Wie ist es fachlich aufgeteilt?
- Wer unterschreibt den Vertrag? Was mache ich, wenn die KollegInnen nicht liefern?
NIEMALS: "Das werden wir dann schon sehen." Da steigt man im Zweifel immer mit einem schlechten Gefühl aus.
Tipp: Für Pioniere der Prävention gibt es die Checklisten "Die richtigen Kooperationen eingehen" als PDF zum Download in der Bibliothek.
Mein persönliches Fazit nach fast 12 Jahren Selbstständigkeit und vielen Kooperationsvarianten:
- Es gibt zu viele Stolperfallen.
- Ich brauche diese Art der Zusammenarbeit nicht, um ausgelastet zu sein.
- Gegenseitige Weiterempfehlungen: Ja!
- Gemeinsame Rechnung an KundInnen: Nein!
Meine Empfehlung:
Wie ist das bei Ihnen? Schreiben Sie mir gerne auf LinkedIn oder Twitter mit #pionierederpraevention oder wenn Sie schüchtern sind, geht auch eine Direktnachricht ;-)
Wenn Sie sich mit Gleichgesinnten weiterentwickeln wollen, auch ohne Kooperationen: Schauen Sie vorbei unter www.PioniereDerPraevention.com – Das ist ein großes Netzwerk von Selbstständigen und innerbetrieblichen Fachkräften aus Arbeitssicherheit, Gesundheitsmanagement und Arbeitspsychologie, auch mit gegenseitigem Austausch & Inspiration.
Veronika Jakl
Arbeitspsychologin, Autorin ("Aktiv führen") und Gastgeberin bei den "Pionieren der Prävention".
Begleitet seit 12 Jahren Organisationen dabei motivierende Arbeitsbedingungen zu schaffen und psychische Belastungen zu reduzieren.
Unterstützt PräventionsexpertInnen, die wirklich etwas bewegen wollen.
Related items
- Brandschutz psychologisch betrachtet - Interview durch Christian Lüthi (VBSF)
- Firmen beeinflussen? So geht's laut den Top-HR-Influencern Österreichs
- Wie kann KI die Prävention unterstützen? Reportage von "sicher & gesund 5.0"
- Warum ich mich selbst für den HR-Award nominiert habe
- Verhaltens- oder Verhältnisprävention? Kontinuum statt schwarz/weiß?