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Seminare motivierend gestalten auf Basis von Bedürfnissen

Eine Seminargestaltung, die die Grundbedürfnisse berücksichtigt, fördert nicht nur das Lernen, sondern auch das Wohlbefinden der Teilnehmenden.

In der Podcast-Episode 193 sprechen wir über effektive Seminargestaltung und Didaktik mit einem speziellen Fokus auf die menschlichen Grundbedürfnisse

Einfluss, Sozialkontakte, Autonomie. Wie können wir Trainings so gestalten, dass sie alle Teilnehmenden, unabhängig von ihren individuellen Bedürfnisausprägungen, ansprechen und motivieren?

Nach dieser Episode wissen Sie, wie Sie die Grundbedürfnisse in der Seminargestaltung berücksichtigen und dadurch effektivere und zufriedenstellendere Lernerfahrungen schaffen.

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Ich zeige Ihnen heute also, wie Sie Ihre Seminare so gestalten können, dass sie nicht nur informativ und lehrreich sind, sondern auch die unterschiedlichen Bedürfnisse Ihrer Teilnehmenden berücksichtigen. Damit Sie Ihre Seminare optimal auf die Bedürfnisse Ihrer Teilnehmenden abstimmen können.

Eine Seminargestaltung, die die Grundbedürfnisse berücksichtigt, fördert nicht nur das Lernen, sondern auch das Wohlbefinden der Teilnehmenden. Dies führt zu höherer Zufriedenheit und besseren Ergebnissen. Und auch dazu, dass die Leute gerne wiederkommen.

Ich habe in diesem Podcast ja immer mal wieder über Bedürfnisorientierung geredet und z.B. auch über den Zusammenhang mit Nudging. Jetzt schauen wir uns die Bedürfnisorientierung in der Seminargestaltung und Didaktik an, nämlich heute die 3 Grundbedürfnisse:

  • Einfluss

  • Sozialkontakte

  • Autonomie

Wenn Sie übrigens eine ganze Sammlung haben wollen von den bereits erschienenen Podcast-Episoden für gute Seminar- und Webinar-Gestaltung, dann gerne reinklicken unter: pionierederpraevention.com/seminare

Bedürfnis nach Einfluss

Das Bedürfnis nach Einfluss ist das Streben nach Kontrolle und Einfluss auf Personen und Prozesse. 

Menschen, die sehr hoch ausgeprägt sind in diesem Einflussbedürfnis, die genießen es, Einfluss auszuüben, z.B. indem sie andere von ihrer Meinung überzeugen. Das sind oft Führungskräfte oder Menschen in verantwortungsvollen Positionen. Sie übernehmen auch gerne die Rolle als AnführerIn.

Menschen, die hier eine sehr niedrige Ausprägung haben, sind eher langsam, wollen alle Entscheidungen zerreden. Das wirkt auf manche auch zeitraubend.

Und grundsätzlich ist so ein Bedürfnis in der Bevölkerung normalverteilt. Aber man muss ein bisschen mitbedenken: Wenn man ein Seminar explizit nur für Führungskräfte gestaltet, dann ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass man da mehr Leute dabei hat, die hier eine hohe Ausprägung haben.

Beide gleichzeitig in einem Seminar zu haben, das kann anstrengend sein. Die einen wollen alles bestimmen. Die anderen sind unsicher und können sich nicht entscheiden. Aber keine Sorge: Das Mittelmaß ist der häufigste Fall. Daher müssen wir das auch in der Didaktik berücksichtigen: Von allem ein bisschen.

Wie können wir da vorgehen?
Wir können die Leute ein bisschen Einfluss nehmen lassen, welche Schwerpunkte in einem Tagesseminar wir setzen, z.B. durch Punkte-Abstimmung. Aber es ist wichtig, diese hier nicht alles entscheiden zu lassen, denn sonst kommt es zu Decision Fatigue.

Auch in den Formulierungen kann man das berücksichtigen:
Leute, die gern Einfluss nehmen, kann man packen mit Fragen, die an ihre eigene Verantwortung appellieren. Zum Beispiel: "Wie kannst du als Führungskraft dazu beitragen, dass dein Team gesund und sicher arbeitet?"

Was man nicht machen sollte:
Ein Best-Practice-Beispiel hergeben und vorkauen zum genauen Nachmachen. Das kommt bei Leuten mit einem hohen Einflussbedürfnis nicht so gut an.

Hier eignet sich eher: "Wie könnten wir die Maßnahmen/Prozesse so gestalten, dass sie für dich und dein Team sinnvoll und umsetzbar sind?"

Bedürfnis nach Sozialkontakten

Menschen, die ein hohes Bedürfnis nach Sozialkontakten haben, die haben einen hohen Wunsch nach Gesellschaft und Gemeinschaft. Sie haben Interesse an anderen Menschen, wünschen sich viel Austausch, Interaktion, Diskussion in einem Seminar.

Menschen, die hier eher gering ausgeprägt sind, sind eher kontaktschau, reserviert und wortkarg. Wenn diese in einen Seminarraum kommen und man geht gleich auf sie zu, gibt ihnen die Hand, will Small-Talk machen und lässt sie vorher gar nicht "ankommen", dann fühlen sie sich eher eingeschüchtert.

Um jetzt didaktisch beiden Extremen gerecht zu werden (natürlich sind die meisten Menschen hier in der Mitte), braucht es in einem Seminar am besten einen guten Mix zwischen Dinge erarbeiten sowohl in Einzelarbeiten, Zweierteams / Kleingruppen als auch im Plenum.

Was ich auch gerne mag und gebe:
Einzelarbeit, die alleine gelöst werden soll, aber gleichzeitig sind die Teilnehmenden in einer Kleingruppen zum Reflektieren und um sich auszutauschen darüber. Dann kann man reden, muss aber nicht.

Jedenfalls wichtig:
Wenn Sie früher immer nur Folien vorgelesen haben (jetzt wissen Sie schon, dass man auch Interaktion machen sollte), dann machen Sie jetzt nicht den Fehler, dass Sie ins andere Extrem umschlagen und einfach alle 10 Folien eine Diskussionsrunde machen in der großen Runde i.S.v. "Wie finden Sie das? Was sagen Sie dazu?"

Besser ist es, konkrete Fragen zu stellen, die zu diskutieren sind. Denn Menschen, die bei den Sozialkontakten eher niedrig ausgeprägt sind, tun sich auch schwer einfach irgendwas zu erzählen vor der Gruppe. Aber planen Sie Zeiten zum Austausch ein, aber nicht einfach nur um des Austauschs willen. Das muss schon immer einen didaktisch sinnvollen Zweck verfolgen. Schauen Sie, dass Sie eine gute Balance haben zwischen Zuhören und Mitreden-können.

Spezialtipp bezüglich Mittagspause:
Planen Sie nicht fix ein, dass alle gemeinsam essen gehen, sondern lassen Sie den Leuten die Wahl.

Ich persönlich finde es extrem anstrengend, wenn ich ein Tagesseminar habe und dann zu Mittag die ganze Gruppe eine lange Tafel in einem Lokal reserviert hat und das ununterbrochene Reden mit den Teilnehmenden weitergeht. Ich habe da einfach im Laufe eines Tages Bedarf nach Rückzug, Stille und allein sein.

Deshalb:
Bei Seminaren verlieren Sie sich nicht in Diskussionen mit der Gruppe, auch wenn es Spaß macht. Achten Sie auf einen guten Zeitplan und bauen Sie auch Einzelarbeiten ein.

Bedürfnis nach Autonomie

Das ist das Streben nach der Unabhängig von der Erwartung und dem Einfluss anderer.

Hat man hier eine hohe Ausprägung, will man frei und unabhängig sein und dass einem andere Menschen emotional nicht zu nahe kommen.

Menschen, die hier eine geringe Ausprägung haben, wollen sich immer austauschen und alles in einem Team machen.

Das ist aber etwas anders als die hohe Ausprägung nach Sozialkontakten. Weil Menschen mit geringem Autonomiebedürfnis geht es nicht um oberflächlichen Small-Talk. Diese wollen anderen Menschen wirklich emotional nahe sein und das kann manchmal ein bisschen distanzlos wirken.

Didaktisch beiden gerecht werden:

  • Große Ziele selbst festlegen lassen. Selbstbestimmte Ziele festlegen lassen.

  • Bei Webinaren: Auch anbieten, dass sich die Menschen manche Sachen vorab oder nachher in einer Aufzeichnung anschauen.

  • Nicht Teilnehmende zwingen, etwas Persönliches zu erzählen, aber die Chance geben, wenn sie das möchten.

  • Vorsichtig sein, wenn man Leuten in die Arbeit reinredet. Also z.B. wenn diese gerade eine Gruppenarbeit machen und an einem Flipchart arbeiten. Dann nicht einfach dazu setzen, den Stift in die Hand nehmen und selbst am Flipchart weiter mitschreiben.

  • Und auch klar machen, was die Gedanken sind, wenn Sie Vorgaben machen oder Empfehlungen abgeben. Weil sonst könnten Leute mit hohem Autonomie-Bedürfnis misstrauisch werden oder zumindest kritisch nachfragen.

Ich halte ja regelmäßig Fortbildungen zur Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen. Und da spreche ich auch klare Empfehlungen aus für bestimmte Methoden und zeige meistens 1 schriftlichen Fragebogen, 1 Gruppendiskussionsmethode und 1 Interviewbogen her. Und dann gibt es in jeder Gruppe immer mindestens 1 Person, die die Auswahl hinterfragt im Sinne von "Aber ich kenne noch andere Verfahren. Warum zeigen Sie uns jetzt diese Methoden? Kann ich nicht auch andere Messverfahren einsetzen? Ich arbeite in einem Krankenhaus, da passt das ja gar nicht. ..."

Und wenn ich da dann antworten würde "Ja, kann schon sein, aber das ist einfach meine Empfehlung. Das hat sich bewährt. Den Online-Fragebogen können Sie auch bei mir kaufen. Und Sie können mir da schon vertrauen, weil ich mache das seit 15 Jahren.", dann kann das ok sein. Es kann aber auch sein, dass sie super misstrauisch sind und nicht wollen, dass ich ihnen etwas verkaufe.

Es gibt noch viele weitere psychische Grundbedürfnisse wie Struktur, soziale Anerkennung, Sicherheit und Neugier. All das kann man gezielt berücksichtigen. Wenn Sie das mehr interessiert: Ich habe dazu einen jährlichen Lehrgang - pionierederpraevention.com/bop .

Aufgabe der Woche:
Probieren Sie in Ihrem nächsten Seminar mindestens eine neue Methode aus, die speziell darauf abzielt, eines dieser Bedürfnisse anzusprechen.

Wie ist das bei Ihnen? Schreiben Sie mir gerne ein E-Mail oder eine Direktnachricht auf LinkedIn. 

Feedback und Fragen an Veronika Jakl:
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Veronika Jakl

Arbeitspsychologin, Autorin ("Aktiv führen") und Gastgeberin bei den "Pionieren der Prävention".

Begleitet seit 12 Jahren Organisationen dabei motivierende Arbeitsbedingungen zu schaffen und psychische Belastungen zu reduzieren. 
Unterstützt PräventionsexpertInnen, die wirklich etwas bewegen wollen.

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