6 Gründe, warum Überzeugen Ihnen schwer fällt.
Ich denken mir: Ich habe lieber einen Fuß in der Tür, statt ihnen die Tür ins Gesicht zu knallen und ein blaues Auge zu verpassen.
In der Podcast-Episode 162 sprechen wir über 6 Gründe, warum es Ihnen schwerfällt andere von Ihren Angeboten und Maßnahmen zu überzeugen: Also Geschäftsführungen vom Buchen des Auftrags, Führungskräfte vom aktiven Unterstützen der Maßnahmen und Beschäftigte vom Mitmachen bei
Maßnahmen. Das ist wahrlich nicht immer einfach. Aber manchmal liegt es nicht an denen, sondern an uns selbst. Nach dieser Folge können Sie einschätzen, in welche Fallen Sie immer wieder tappen***
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Ich war bei einem Vernetzungstreffen mit einer NGO, die sich um sexualisierte Gewalt im Sport kümmert. In meiner Funktion als Vorstandsmitglied im österreichischen Judoverband bin ich bei uns für dieses Thema zuständig.
Und dort haben wir uns jedenfalls ausgetauscht über Interventionsmöglichkeiten und Vorgehensweisen. Und eine Dame hat sich darüber beklagt, dass es so schwierig ist, die Vereinsverantwortlichen zu erreichen.
Sie hat gesagt, manchmal hilft es hier mit wissenschaftlichen Studien zu kommen und zu erklären, wie man am besten vorgeht oder welche Interventionen wirksam sind. Manche Vereinsverantwortliche kann man damit erreichen, dass man an ihre Verantwortung appelliert. Aber bei manchen Vereinsverantwortlichen hat sie den Eindruck, egal was sie sagt, es wird immer in Frage gestellt und diskutiert und dadurch, dass sie als NGO ja nur Angebote machen können, aber keine disziplinären Maßnahmen setzen können, ist es extrem schwer.
Und das sehe ich sehr ähnlich im Bereich der betrieblichen Prävention. Auch wir haben sehr wenige disziplinäre Möglichkeiten, sondern wir können Gesprächsangebote schaffen. Wir können sensibilisieren, aber in Wirklichkeit können wir niemanden zwingen. Und deswegen geht es heute um die 6 Gründe, warum Ihnen das Überzeugen so schwer fällt.
6 Gründe, warum das Überzeugen schwer fällt
1. Grund:
Sie gehen von sich selbst aus und Ihrem Wissen und Ihren Einstellungen. Doch das ist problematisch. Denn Sie sind ja schon überzeugt von der Sinnhaftigkeit von Prävention, von BGM, von Arbeitssicherheit und der Wichtigkeit von psychischer Gesundheit im Arbeitskontext.
Und jetzt denken Sie sich vielleicht: Warum sind die anderen noch nicht "so weit"? Unsere Gegenüber haben möglicherweise das Wissen noch gar nicht, was Prävention alles leisten kann und damit fehlt Ihnen auch noch diese Einstellung zu Arbeitssicherheit und Gesundheit. Damit starten wir von ganz unterschiedlichen Voraussetzungen und damit wird es dann schwierig zu überzeugen.
2. Grund:
Sie drohen mit Konsequenzen und treiben deswegen Leute in die Ecke. Wenn jemand noch nicht von Ihrem Angebot, einem Projekt oder einer Maßnahme überzeugt ist, dann sagen Sie vielleicht so etwas wie: "Aber das ist vorgeschrieben und es ist zwingend notwendig, dass man das tut! Und wenn Sie das nicht machen, dann werden empfindliche Strafen fällig."
Und das macht den Unterton: "Gute Unternehmen oder gute Führungskräfte machen das aber." Das ist schwierig, das treibt Leute in eine Ecke. Dann kann man nicht mehr überzeugen, weil Ihr Gegenüber in Reaktanz geht. Dann wird entweder die Botschaft oder Sie als Sender der Botschaft als blöd angesehen. Beides wollen Sie nicht, oder?
Ich sehe das häufig bei PräventionsexpertInnen. Und sie meinen es ja nur gut. Aber: Das Gegenteil von gut ist manchmal gut gemeint....
3. Grund:
Ein paar Beispiele:
- Eine Firma hat eine Aufforderung von der Aufsichtsbehörde bekommen, weil sie irgendetwas machen sollen wie z.B. eine Gefährdungsbeurteilung. Und diese Firma wendet sich nun an Sie. Und Sie sagen: "Können wir machen, aber ich habe noch eine viel bessere Idee: Wir könnten einen ganzen Organisationsentwicklungs-Prozess zum Thema Sicherheitskultur machen." Und Sie wollen der Firma ganz viel verkaufen. Die Firma ist aber komplett überfordert, denn diese will ja nur das eine akute Problem lösen, diese will nicht den großen Prozess im Hintergrund. Sie als ExpertIn für Arbeitssicherheit wissen aber natürlich, dass es viel sinnvoller und nachhaltiger wäre, das Thema grundlegend anzugehen und nicht nur an der Oberfläche zu kratzen. Damit kann man aber auch überfordern.
- Eine Firma will einmal pro Woche Massage anbieten, aber Sie wollen gleich ein ganzes BGM-System aufsetzen. Weil Sie wissen, es ist viel nachhaltiger, wenn man sich grundlegend um die betriebliche Gesundheit kümmert und nicht nur einzelne BGF-Maßnahmen macht wie Massage oder Entspannungskurse. Aber das überfordert die Leute. Und dann schrecken sie zurück und machen vielleicht lieber gar nichts.
- Ein Beispiel von meiner Arbeit als Arbeitspsychologin: Ich habe eine Anfrage einer Einzelhandelsfirma bekommen. Diese wurde in 1 Filiale aufgefordert eine GBu Psyche zu machen. Und da haben sie bei mir nach den Kosten angefragt. Natürlich hätte ich sagen können, dass wir nicht nur 1 Filiale machen sondern gleich die ganze Firma inkl. Zentrale. Aber damit hätte ich sie komplett überfordert und sie hätten sich zurückgezogen und hätten sich jemanden gesucht, der nur das macht, was sie jetzt gerade brauchen. Ich denken mir: Ich habe lieber einen Fuß in der Tür, statt ihnen die Tür ins Gesicht zu knallen und ein blaues Auge zu verpassen.
4. Grund:
Sie argumentieren sachlich und glauben, dass das reicht. Aber sachliche Argumentation, wie z.B. der finanzielle ROI oder weniger Fehlzeiten sind schön und gut, aber das reicht nicht. Es beachtet viele psychologische Phänomene nicht. Für viele Leute sind auch ganz andere Aspekte wichtig. Andere Bedürfnisse darf man nicht vernachlässigen: Vergleich mit anderen, Gruppendynamik, Bedürfnis nach Struktur, Anerkennung.
5. Grund:
Andere, kurzfristige Prioritäten sind gerade wichtiger für das Gegenüber als ein langfristiges BGM, z.B. müssen Buchhaltungsunterlagen abgegeben werden, ein:e neue:r Mitarbeiter:in muss gefunden werden. Solche kurzfristigen Dinge sind für Unternehmen häufig wichtiger als z.B. ein langfristiges BGM aufzusetzen.
6. Grund:
Die Realität spricht dagegen: Lang zu arbeiten und am Wochenende erreichbar zu sein, ist förderlich für die Karriere. Keine PSA suchen und keine Absturzsicherung anlegen, ist schneller und bringt mehr Produktivität. Keine BGF-Maßnahmen machen, ist billiger für die Geschäftsführung. Die Arbeitsrealität spricht gegen Sie. Zumindest kurzfristig. Dass es langfristig nicht sinnvoll ist, sich nicht um die Gesundheit der Beschäftigten zu kümmern, ist eine andere Geschichte. Und deswegen ist es oft schwierig Leute zu überzeugen, sich langfristig um Arbeitssicherheit und Gesundheit zu kümmern.
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Wenn Sie Ihre eigenen Stärken reflektieren wollen, dann gibt’s für Sie das kostenlose Audit "Ihr Audit zum Erfolg".
Das sind 39 Fragen. Und wenn Sie diese beantworten, dann bekommen Sie wertvolles Feedback in welchen Bereichen Sie sich noch persönlich weiterentwickeln können, um wirklich wirksame Prävention zu betreiben. Und natürlich bekommen Sie auch das Feedback, wo Sie schon richtig gut sind.
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Zurück zu der Dame von der Non-Profit-Organisation, von der ich am Anfang erzählt habe. Die, die gegen sexualisierte Gewalt im Sport arbeitet. Diese hat dann letztendlich gesagt, dass sie manchmal nur noch einen Schritt zurück machen kann und das Gespräch mit den Vereinsverantwortlichen beendet. Wenn man sie nicht akut überzeugen kann, dann kann man so die Gesprächsbasis offenhalten für die Zukunft.
Auch wir können sensibilisieren und wir müssen versuchen herauszufinden, welche Bedürfnisse unser Gegenüber hat. Um diese dann anzusprechen und intrinsisch zu motivieren, etwas für Gesundheit und Arbeitssicherheit zu tun. Aber manchmal müssen wir auch einfach irgendwann aufgeben. Manchmal ist es einfach sehr schwierig, weil die Person gerade nicht bereit ist diesen Schritt zu machen.
Weitere Empfehlung:
Podcast-Episode 75: "So überzeugen Sie Geschäftsführungen von BGM"
Veronika Jakl
Arbeitspsychologin, Autorin ("Aktiv führen") und Gastgeberin bei den "Pionieren der Prävention".
Begleitet seit 12 Jahren Organisationen dabei motivierende Arbeitsbedingungen zu schaffen und psychische Belastungen zu reduzieren.
Unterstützt PräventionsexpertInnen, die wirklich etwas bewegen wollen.
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