Fünf gute Gründe GEGEN Prävention
Wenn ich einmal gekochte Leber gegessen habe und das war nicht lecker, dann ist es schwer, mich davon zu überzeugen, es nochmal zu kosten.
In der Podcast-Episode 154 geht es um 5 gute Gründe, sich NICHT um Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz zu kümmern. Denn nicht immer ist das sinnvoll für Firmen. Und auch das sollten wir anerkennen, selbst wenn wir sonst für unser Thema brennen. Damit wir realistisch bleiben und auch bei Projektabsagen nicht verzweifeln.
Ich weiß, dass Sie für Ihr Themenfeld brennen! Egal ob das Brandschutz, Ergonomie für LKW-Fahrer, Gehörschutz für Orchester oder Burnoutprävention für Lehrer:innen ist. Trotzdem ist es manchmal nicht so leicht, das Thema zu verkaufen und Firmen davon zu überzeugen, sich um betriebliche Prävention zu kümmern. Oder?
Deswegen will ich heute mal das Pferd von hinten aufzäumen: Schauen wir uns mal die guten Gründe an, warum Firmen KEINE Prävention machen.
Denn ich bin davon überzeugt: Es gibt gute Gründe, warum Firmen keine Prävention machen. Jede Person hat gute Gründe, wenn ein Angebot abgelehnt wird und es ist sinnvoll aus deren Sicht. Und wir tun gut daran, uns in deren Sichtweise reinzuversetzen!
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Viele Leute in der Prävention bezeichnen es als größte Herausforderung, wenn die Kund:innen nicht mitmachen wollen, wenn die Führungskräfte und die Geschäftsführungen keine Einsicht haben in die Notwendigkeit von betrieblicher Gesundheitsförderung, wenn ihnen die Priorisierung schwer fällt, ...
Und diese Sichtweise verstehe ich. Aber sie ist nicht immer hilfreich. Meine grundlegende Haltung ist, dass sich Führungskräfte und Geschäftsführungen bestmöglich um die Firma und ihre Ziele kümmern, denn sie wollen erfolgreich sein.
Die Frage ist nur, wie Erfolg definiert wird und welchen Eindruck sie haben, was es dafür braucht, um erfolgreich zu sein. Deshalb: Welche guten Gründe gibt es, sich GEGEN Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz zu entscheiden?
Ich habe mal ChatGPT gefragt nach den guten Gründen. Die Antwort war:
"Es gibt keine guten Gründe für Geschäftsführer und Führungskräfte, sich nicht um Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz zu kümmern. Diese Aspekte sind entscheidend für das Wohlbefinden der Mitarbeiter, die Produktivität des Unternehmens und die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften. Vernachlässigung kann zu rechtlichen Konsequenzen, Reputationsschäden und finanziellen Verlusten führen. Es ist daher im Interesse aller, diese Belange ernst zu nehmen." ?
Mir sind doch welche eingefallen:
Wichtig ist, mitzubedenken: Mir geht's nicht um lebensnotwendige Maßnahmen wie Schutzhelme auf der Baustelle oder Handschuhe im Labor sondern um BGM, BGF, höhenverstellbare Schreibtische, Psychische Belastungen, Gesund-führen, Burnout-Prävention, ...
Es ist eher wie:
Welche guten Gründe gibt es, Schokolade zu essen? Wir alle wissen, dass Brokkoli und Spinat gesünder sind. Und trotzdem haben wir manchmal gute Gründe für Schokolade, oder? Und genau so ist es hier auch.
Daher meine Gedanken, was die guten Gründe sind, sich gegen Prävention zu entscheiden:
- Es gibt gerade irgendetwas Wichtigeres, das den Fortbestand des Unternehmens in Frage stellt. Zum Beispiel: Insolvenz abwenden, Übernahme durch einen großen Konzern verhandeln, Pandemie-Start, …
- Es ist einfach kein Geld da. Ja, der ROI ist klar. Aber trotzdem braucht es "Spielgeld", um zu investieren. Ich könnte Ihnen auch sagen: Ein Zinshaus um 5 Mio. in der Innenstadt zu kaufen ist sinnvoll und hat einen super ROI für Ihre Altersvorsorge. Aber das Geld muss im Cashflow da sein. OK, das ist in der Prävention oft ein bisschen ein anderes Verhältnis von Investment zu jährlichem Umsatz, aber Sie wissen, was ich meine …
- Es gibt gerade ein sehr ähnliches Projekt und damit ist die Befürchtung da, dass niemand mitmacht, z.B. viele Befragungen gleichzeitig (Great Place to work, Zufriedenheitsbefragung von der Konzernleitung, 360° FührungskräfteFeedback, ...)
- Intern gibt es gerade keine mentalen Kapazitäten bei den Stakeholdern, z.B. weil man mit der Aufarbeitung eines Audits oder ganz anderen Projekten wie Umstrukturierung oder Produktionsveränderung, … beschäftigt ist.
- Es wurde schon mal etwas Ähnliches gemacht, aber ohne Maßnahmen bzw. war es nicht nachhaltig. Es gab also eine schlechte Erfahrung mit einem ähnlichen Thema, daher wird kein Bedarf gesehen, das nochmal zu machen. Das kann man auch nicht verübeln: Wenn ich einmal gekochte Leber gegessen habe und diese war nicht lecker, dann ist es schwer, mich davon zu überzeugen, nochmal gekochte Leber zu kosten, auch wenn jemand sagt: "Ja, aber die war schlecht zubereitet und dieser neue Koch kann das wirklich gut!"
Eine Zusatzschwierigkeit, die wir oft haben:
Die Stakeholder sind sich uneins, z.B. Führungskräfte/Geschäftsführung will nicht und nur der Betriebsrat und HR wollen das unbedingt machen.
Wichtig:
Immer hinter die Aussagen von den Stakeholdern und den Entscheidungsträger:innen blicken und auf deren Bedürfnisse achten! So wird aus einem "Nein" gedanklich ein "Noch nicht".
Mehr dazu gibt’s im Intensiv-Lehrgang "Bedürfnisorientierte Prävention".
Weitere Empfehlungen:
Podcast-Episode 121: "Sechs Gründe, warum Firmen Prävention machen & kaufen"
Veronika Jakl
Arbeitspsychologin, Autorin ("Aktiv führen") und Gastgeberin bei den "Pionieren der Prävention".
Begleitet seit 12 Jahren Organisationen dabei motivierende Arbeitsbedingungen zu schaffen und psychische Belastungen zu reduzieren.
Unterstützt PräventionsexpertInnen, die wirklich etwas bewegen wollen.
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