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So zerbricht der psychologische Vertrag - und das sind die Folgen!

Unterschiedliche Auffassungen merkt man i.d.R. erst, wenn man darüber stolpert.

In der Podcast-Episode 124 geht es um den so genannten "psychologischen Vertrag" zwischen Personen. In der Prävention gibt es solche Verträge zwischen uns und unseren Auftraggebern, zwischen Beschäftigten und Führungskräften, zwischen uns und Führungskräften oder auch zwischen uns und KooperationspartnerInnen. Also überall, wo Menschen zusammen arbeiten.
Damit Sie wissen, wann dieser psychologische Vertrag zerbricht und welche Folgen das hat.

Wir reden also über den psychologischen Vertrag. Der hat nichts mit juristischen Verträgen gemeinsam, ist aber mindestens genauso wichtig in der Arbeitswelt. Es geht um die meistens unausgesprochenen Erwartungen an Kommunikation & Verhalten zwischen Menschen.

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Bevor wir loslegen:

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Ein kleines Zitat:

Gehört habe ich das von einem langjährigen Mitarbeiter eines Firmenkunden von mir: "Vor 10 Jahren da waren wir ein richtig gemütliches Unternehmen. Und dann kamen die großen Projekte. Und damit hat sich echt viel geändert an den Arbeitsbedingungen. Wir haben ganz, ganz viel Druck bekommen. Es war echt schwer und es sind auch viele Leute dann gegangen. Und der Charakter von dem Unternehmen hat sich echt grob verändert."

Vielleicht kennen Sie ja auch solche Firmen. Firmen, wo sich Dinge verändert haben über die Jahre. Die Leute sagen dann: "Dafür wurde ich nicht eingestellt. Das wollte ich so nicht." Auch wenn der Arbeitsvertrag ja immer noch am Papier eingehalten wird.

 

Warum ist das Thema wichtig?

Psychologische Verträge gibt es überall, wo Menschen miteinander arbeiten. Dafür braucht es auch keinen juristischen Vertrag im Hintergrund. Es geht dabei um die gegenseitigen Erwartungen an die Zusammenarbeit, an Umgangsformen, gegenseitiges Vertrauen, übliche Kommunikationswege usw.

Und das mehr oder weniger implizit, also unausgesprochen. Das sind vielleicht Dinge, von denen das Gegenüber gar nicht weiß, dass man hier Anforderungen hat oder dass das Gegenüber diese an uns hat, diese für uns aber nicht selbstverständlich sind. Und diese unterschiedlichen Auffassungen merkt man in der Regel erst, wenn man darüber stolpert.

Der Begriff des psychologischen Arbeitsvertrags wurde 1960 von dem US-amerikanischen Verwaltungswissenschaftler Chris Argyris geprägt. Argyris verwendete den Begriff im Sinne einer "stillschweigenden Übereinkunft" zwischen ArbeiterInnen und VorarbeiterInnen.

Mit solchen psychologischen Verträgen sind wir ständig konfrontiert. In unterschiedlichsten Konstellationen. Egal, ob wir wollen oder nicht.

 

Gelegenheit, die sich bietet:

Wichtig:
Wenn wir das Vertrauen vom Gegenüber haben wollen und auf lange Zeit gut mit Leuten zusammen arbeiten wollen, dann ist es wichtig, dass der psychologische Vertrag eingehalten wird.

Denn wenn dieser gebrochen wird: Dann ist erstmal Irritation da. Und wenn die unterschiedlichen Erwartungen nicht besprochen werden, dann ist keine wirklich gute Zusammenarbeit mehr möglich, dann ist vielleicht sogar Misstrauen da.

Das Thema ist ein bisschen wie eine Lesebrille:
Wenn man sie lange aufhat, merkt man sie gar nicht mehr. Aber wenn sie Schlieren oder vielleicht sogar Sprünge bekommt, ist sie nur noch nervig und man will sie loswerden, weil es im Arbeitsalltag stört.

Einige Beispiele von psychologischen Verträgen und wo diese auch zerbrechen können:

Zwischen Beschäftigten und den Führungskräften oder der Geschäftsführung

Da geht es oft um Arbeitsbedingungen. Also z.B. darüber, wie mit MitarbeiterInnen umgegangen wird seitens des Unternehmens.

Hier Beispiele von einer IT-Abteilung eines Konzerns, wo mir das Thema "Psychologischer Vertrag" extrem aufgefallen ist.

Ich wurde engagiert für ein Projekt, wo es darum ging, herauszufinden, warum die Fluktuation so hoch ist und wie man das stoppen kann. Ich habe viele Gespräche geführt mit langjährigen Beschäftigten. Und da fielen einige Aussagen, wo mir aufgefallen ist, dass es um den zugrunde liegenden psychologischen Vertrag geht.

Zitat 1:

"Wir hatten hier immer so alte Werte und jetzt will man ganz viel Veränderung. Und ich weiß nicht, wie viel wird diese Organisation noch vertragen. Ich bin mir sicher, dass manche Beschäftigte es nicht schaffen werden, da mitzugehen."

Zitat 2:

"Früher waren wir ein sogenannter Single-Point-of-Contact für die Kunden und wir hatten auch sehr viel Vertrauen von den Kunden. Jetzt sind wir sehr technologiebasiert mit viel Arbeitsteilung und die Programmierer sind eigentlich sehr wenig dran an den Kunden."

Zitat 3:

"Wochenend-Überstunden fallen an, wenn eine Software am Wochenende ausgerollt wird. Diese Überstunden sind eigentlich im All-in-Vertrag abgegolten, aber die wurden früher auf Kulanz trotzdem ausbezahlt. Und das wird jetzt nicht mehr gemacht seit der neuen Geschäftsführung."

Es ist tatsächlich häufig so, wenn Führungskräfte oder Geschäftsführung wechseln, dann werden oft jahrelange psychologische Verträge gebrochen. Manchmal absichtlich, um sozusagen "frischen Wind" hineinzubringen. Manchmal unwissend.

Ein anderes Beispiel:

In einer Firma für Metallverarbeitung werden die Beschäftigten immer aktiv in die Entwicklung von Sicherheitsrichtlinien und -maßnahmen einbezogen. Die Leute werden von der Produktionsleiterin und den Vorarbeitern regelmäßig gefragt, wie man ihren Arbeitsalltag sicherer machen kann und was ihnen dabei helfen würde.

Dann wechselt die Produktionsleitung und der neue Produktionsleiter ist selbst auch Fachkraft für Arbeitssicherheit. Er meint, dass er aus seiner Fachexpertise heraus diese Dinge entscheiden kann und dass er sich so einige Termine pro Quartal ersparen kann rund um das Thema Arbeitssicherheit.

Für die Beschäftigten in der Produktion aber wird damit der psychologische Vertrag gebrochen, weil sie es gewohnt waren, hier einbezogen zu werden. Sie fühlen sich vor den Kopf gestoßen und ignoriert.

 

Zwischen uns als PräventionsexperInnen und Beschäftigten

Ein Präventionsberater hat eine andere Vorgehensweise als vereinbart gewählt, um die Ergebnisse eines Workshops mitzuteilen. Vorher hat er den MitarbeiterInnen gesagt, dass man die Ergebnisse mit der Geschäftsführung teilen wird, aber dann hat er sich doch dafür entschieden, zuerst mit der direkten Führungskraft zu reden und nachher, in einem 2. Schritt, mit der Geschäftsführung.

Die MitarbeiterInnen fühlten sich dadurch hintergangen und im Stich gelassen.

 

Zwischen uns als BeraterInnen und KundInnen

Da habe ich den psychologischen Vertrag gebrochen. Ich wurde beauftrag, sehr viele Workshops zu halten zum Thema "psychische Belastungen". Und ich hatte da gleichzeitig mehrere Angebote am Laufen. Es haben dann alle zugesagt! Dann stand ich da mit sehr vielen parallelen Aufträgen. In meinen juristischen Verträgen hatte ich immer schon stehen, dass ich auch SubauftragnehmerInnenn einsetzen kann, also Leute, die auf Werkvertragsbasis für mich arbeiten. Und es war dann auch so, dass ich für den einen Kunden, wo ich viele Workshops bekommen habe, mir einen Subauftragnehmer genommen habe. Mit dem Kunden habe ich aber nie explizit während der Auftragsklärung darüber gesprochen, dass es sein kann, dass ich nicht immer selbst Zeit habe für die Workshops, sondern dass dann ein anderer Arbeitspsychologe bzw. eine andere Arbeitspsychologin für mich diese hält. Aber ich hatte es im schriftlichen Vertrag als Möglichkeit. Und habe das dann eben auch so gewählt.

Der Kunde war damit allerdings nicht zufrieden, da davon ausgegangen wurde, dass ich persönlich alle Workshops abhalten werde. Ich habe dann meine Termine herumgeschoben, damit ich dann doch wieder so viele Workshops wie möglich selbst machen kann.

Sie sehen:
Es gibt viele Formen von psychologischen Verträgen und das betrifft uns in der Beratungsarbeit in verschiedensten Konstellationen.

Es ist wichtig, dass wir erkennen, wenn so ein Vertrag, solche Erwartungen abgeschwächt oder gebrochen werden. Damit wir das auch z.B. Führungskräften erklären können, wenn MitarbeiterInnen scheinbar plötzlich unmotiviert oder unzufrieden sind.

Und am Ende ist es wie so oft:
Darüber offen reden hilft! Gegenseitige Erwartungen aussprechen und nicht stillschweigend davon ausgehen, dass die andere Person schon wissen wird, was man selbst will.

 

Beobachtungsaufgabe:
Welche psychologischen Verträge haben Sie aktuell?

 

Weitere Empfehlung:
Episode 55: "Sechs Hinweise, woran Sie gute PräventionsberaterInnen erkennen!"

 

Kleiner Tipp zum Schluss:
Für alle, die mehr dazu lernen wollen über psychologische Phänomene in der Prävention: www.PioniereDerPraevention.com – Online-Akademie - Der Mitgliederbereich ist vollgepackt mit Videokursen, Webinaren und einem Forum rund um die Beratung, den Erfolg und das Projektmanagement in Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz.

 

Feedback und Fragen an Veronika Jakl:
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Hier geht es zur Online-Akademie "Pioniere der Prävention":
Veronika Jakl

Arbeitspsychologin, Autorin ("Aktiv führen") und Gastgeberin bei den "Pionieren der Prävention".

Begleitet seit 12 Jahren Organisationen dabei motivierende Arbeitsbedingungen zu schaffen und psychische Belastungen zu reduzieren. 
Unterstützt PräventionsexpertInnen, die wirklich etwas bewegen wollen.

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