DER Seminar-Fehler, der jede Motivation der Teilnehmenden killt + 1 Lösung dazu
Wenn ich eines HASSE, und es geht vielen Leuten so, dann ist das ein langweiliger Start bei Seminaren.
In der Podcast-Episoden 115 reden wir über DEN Fehler bei Seminaren und Workshops, der wirklich jede Motivation der Teilnehmenden im Keim erstickt. Damit Sie diesen Fehler nie wieder begehen.
In dieser Folge lernen Sie eine großartige Übung kennen, mit der Sie Seminare und Workshops eröffnen können. So bringen Sie die Teilnehmenden gleichzeitig zum Reden und in eine positive Stimmung miteinander.
Ich habe in meinem Berufsleben schon viele Fortbildungen, Seminare und Workshops besucht. Diese waren sehr unterschiedlich von den Inhalten und auch von der Dauer. Es ging von Kurz-Veranstaltungen (1-2 Stunden) bis zu Ausbildungen, die über 1 Jahr und länger gingen. Meistens waren es offene Seminare, wo sich die Teilnehmenden nicht kannten. Aber ich kenne auch firmeninterne Veranstaltungen als Teilnehmerin.
Und ich habe natürlich auch schon viele Seminare und Workshops gehalten, sowohl firmenintern als auch offen ausgeschrieben. In der Regel mit einer Dauer zwischen 2 Stunden und 2 Tagen.
Was ich damit sagen will: Ich habe schon die unterschiedlichsten Settings erlebt. Und ich weiß, wie schwierig es ist, als Vortragende/r einen guten Einstieg zu schaffen in ein Seminar oder einen Workshop.
Aber wenn ich eines HASSE, und ich weiß, es geht vielen Leuten so, dann ist das ein langweiliger, langwieriger Start. Wenn ich eine Fortbildung besuche, HASSE ich nichts mehr als eine langweilige Vorstellungsrunde zu Beginn. Dieses "Erzählen Sie mal kurz von sich. Was machen Sie beruflich? Was sollte ich oder die anderen über Sie wissen?". Das ist total mühsam nach 3 Leuten.
Ein Beispiel
Zuletzt hatte ich das in einer Ausbildung, die über ein halbes Jahr ging mit mehreren Modulen. Da könnte man davon ausgehen, dass eine längere Einstiegsphase angebracht ist. Man wird ja dann wirklich viel und intensiv miteinander arbeiten und sollte sich daher auch gut kennen.
Wir waren ca. 20 Personen in Präsenz. Das Setup war: Großes U mit Tischen. Der Seminarraum war groß.
Also: Es startete mit der Vorstellung des Vortragenden. Das war schon mal viel zu lange mit de facto dem Erzählen des ganzen beruflichen Lebenslaufs.
Dann kam die Vorstellung der Ausbildung. Das war wieder sehr detailliert: Inhalt aller Module, Organisatorisches (weil es in unterschiedlichen Städten stattgefunden hat), Inhalte zur Prüfung am Ende, Skriptum und Unterlagen, ...
Also es war schon sehr frontal und ich, als Teilnehmerin, war schon sehr zurückgelehnt, habe mich berieseln lassen, und versucht mir im Kopf die wichtigsten Dinge zu merken und die ganzen Infos zu sortieren. Das ging rund 45 min. so.
Dann kam die Vorstellungsrunde: "Erzählen Sie mal kurz von sich. Was machen Sie beruflich? Was sollte ich oder die anderen über Sie wissen?"
Dann kam die 2. Person dran. Wieder ein Mann, ein bisschen jünger, geschätzt Ende 30, ein Kollege von Manfred Müller. Er erklärte, dass er aktuell auch im HSE-Bereich tätig ist, aber dass er gern das BGM aufbauen will in der Firma und dass er das dann eher bei der Personalabteilung angesiedelt sieht. Dann erzählte er, warum er sich angemeldet hat und bei welchen der vorgestellten Themen er sich schon auskennt. Der Lehrgangsleiter fragte noch, was er gerne noch lernen würde. Daraus ergab sich wieder ein kleines Gespräch. Der Lehrgangsleiter schrieb alle Infos brav mit auf einem Zettel.
Und so ging das dahin. 20 Personen lang. Lang und mühsam. Das dauerte pro Person locker 2 min. In der Summe also wieder rund 40 min.
Dieser Start mit recht offener Vorstellungsrunde …
- … lädt Vielredner ein, viiiel von sich zu erzählen.
- … ist unangenehm für Leute, die schüchterner sind, wenn sie die Gruppe noch nicht kennen.
- ... ist in der Regel inhaltlich vollkommen belanglos! Weil die Seminarleitung nichts mit der Information anfängt. Das befriedigt maximal deren Neugierde, aber ändert am Seminarprogramm gar nichts.
Das war auch hier so, bei dieser Ausbildung, die ich geschildert habe. Der Lehrgangsleiter hat zwar mitgeschrieben, aber er hat dann vielleicht 2-3x im Vortrag gezielte Fragen eingebaut an uns mit "Sie haben doch gesagt, Sie arbeiten im Rettungsdienst. Wie ist das denn dort?" Aber es hatte keine Auswirkung auf Inhalte, Zusammensetzung der Module, …
Wir haben also mit so einem Start gut 1,5 Stunden "verbraten". Ich, als Teilnehmende, habe davon 2 min. gesprochen. Ansonsten habe ich passiv zugehört. Ich war also in einem sehr passiven "Mindset". Und das ist schlecht für gute Seminare!
Denn bei einem richtig guten Seminar geht es um Interaktion, Austausch, gemeinsames Lernen.
Ich kenne so viele Vortragende, die sich darüber beschweren, dass die TeilnehmerInnen so passiv sind und gleichzeitig machen sie genau diesen Fehler: Sie bringen die Teilnehmenden selbst in eine passive Rolle! Und das passiert durch so einen Start ins Seminar bzw. den Workshop.
Das ist DIE kritische Zeitspanne, wo man sozusagen "den Rhythmus" des Seminars festlegt. Wo die Teilnehmenden von mir "lernen", wie ich drauf bin und was ich von meinen TeilnehmerInnen erwarte.
Wenn ich diesen als Vortragende/r schon zum Start klar mache, dass ich jemand bin, die/der Interaktion fordert und Austausch haben will mit guter Stimmung, dann schlägt sich das auf das ganze Seminar fort.
Und dann kann ich später längere Frontal-Phasen drinnen haben, wo ich eine langweilige Präsentation zeige, aber wenn meine TeilnehmerInnen gelernt haben, dass sie bei mir Fragen stellen dürfen, dass sie Pausen verlangen dürfen, wenn sie müde werden, dass sie sich miteinander austauschen dürfen, wenn sie das Bedürfnis danach haben, dann wird mein Seminar IMMER besser sein als wenn der Start langweilig ist und die TeilnehmerInnen in eine passive Einstellung drängt!
Deshalb ist der Start in jedes Seminar, jedes Webinar, jeden Workshop so ungemein wichtig!
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An der Stelle: Sind Sie schon Mitglied in der Online-Akademie für Pioniere der Prävention?
Wahrscheinlich schon. Dann ist diese Folge ein kleines Appetit-Häppchen. Denn das Monatsthema im März 2023 ist: "Bessere Workshops moderieren". Und da bekommst Du ein tolles eBook mit großartigen Einstiegsübungen, Seminar-Methoden und es sind auch 3 komplette Workshop-Konzepte enthalten inkl. genauem Stundenbild, die Du einfach nehmen und anwenden kannst.
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Zurück zu unserem Thema:
Was müssen Sie nun beachten, damit der Einstieg in ein Seminar gut gelingt?
Wenn Sie ein Seminar konzipieren, achten Sie nicht nur auf Ihre fachlichen Inhalte, die sie transportieren wollen oder die Übungen, die Sie planen, um das Ziel zu erreichen. Sondern überlegen Sie sich auch genau, wie Sie den Einstieg bestmöglich gestalten wollen.
Dazu ist wichtig:
Was brauchen die Teilnehmenden zu Beginn des Seminars? In welchen Zustand, in welche Emotion wollen Sie die Teilnehmenden versetzen? Sollen diese ganz aufgeregt miteinander reden? Sollen diese langsam miteinander vertraut werden? Kennen sie sich schon? Möchten Sie, dass sie ruhig werden nach einem stressigen Arbeitstag? Wollen Sie, dass sich diese fokussieren auf das Thema?
→ Starten Sie dann mit einer Kennenlernübung oder einer Einstiegsübung, die wichtig ist für die Teilnehmenden bzw. die auch gut ist für das Lernziel. Und machen Sie nicht einfach nur standardmäßíg eine große Vorstellungsrunde. Vor allem dann, wenn sich ohnehin schon alle kennen, weil das Seminar innerbetrieblich stattfindet. Denn das ist super langweilig.
Denn das dient maximal der vortragenden Person. Und die Wahrscheinlichkeit ist recht groß, dass Sie mit diesen Informationen langfristig ohnehin nicht viel anfangen werden. Also: Ist das wirklich notwendig? Nein, in der Regel nicht!
Ein besserer Start ist …
- … angepasst an die Zielgruppe, die Sie vor sich haben.
- … angepasst an das Seminar-Ziel.
- … angepasst an den zeitlichen Rahmen (habe ich insgesamt 2 Tage oder 2 Stunden zur Verfügung?).
Eine Übung
Ich möchte Ihnen nun eine Lösung mitgeben. Das ist eine Übung, die ich sehr liebe als Start in gute Seminare und Workshops. Und das ist der sogenannte "Positive Dialog". Diese Übung habe ich in meiner Coaching-Ausbildung kennengelernt. Liebe Grüße an der Stelle an Christine Hoffmann und Vera Popper!
Ich habe die Übung dort in unterschiedlichsten Varianten gemacht und mir hat diese richtig gut gefallen. Darum habe ich sie seither schon in verschiedensten Team-Workshops angewendet, egal ob es anschließend um Konfliktlösung, Führungskräfteentwicklung, eine Team-Klausur oder psychische Belastungen ging. Und sie kam immer gut an!
Auch kannten die Teilnehmenden die Übung bislang noch nicht. Das ist auch immer gut bei TeilnehmerInnen, die viele Fortbildungen besuchen. Dann kann man sie positiv überraschen.
Also, wie läuft die Übung ab?
Stellen Sie sich vor: Alle sitzen in einem klassischen Sesselkreis. Sie als Vortragende/r zählen durch: „1-2-1-2" etc. Und Sie bitten dann immer die 2er sich mit dem Sessel nach innen vor den linken Sitznachbarn oder die linke Sitznachbarin zu setzen. Damit haben Sie sozusagen einen Außenkreis und einen Innenkreis (schauen sich jeweils an).
Das funktioniert natürlich nur mit einer geraden Gruppengröße, also 8-10-12, ... Personen. Wenn es sich um eine ungerade Gruppengröße handelt, empfehle ich Ihnen: Machen Sie einfach selbst mit.
Dann gibt es mehrere Durchgänge, die alle gleich ablaufen:
Sie, als Vortragende/r, stellen eine Frage in den Raum und hängen vielleicht sogar z.B. auch einen Zettel auf ein Flipchart oder Sie schreiben die Frage auf das Flipchart, damit das auch optisch präsent ist. Und dann antwortet die 1. Person im Außenkreis auf die Frage, 1 bis 2 min. lang. Danach antwortet die 2. Person im Innenkreis, auch 1 oder 2 min. lang.
Wenn der Durchgang fertig ist, dann wechselt die Person im äußeren Sitzkreis den Platz und rutscht um einen Sessel weiter im Uhrzeigersinn. Dann wird die 2. Frage enthüllt und abwechselnd beantwortet. Einmal der Außenkreis und einmal der Innenkreis. Usw. Bis alle Fragen abgearbeitet sind. Die Leute reden immer nur mit Ihrem Gegenüber (man redet nur mit der Person, der man gegenüber sitzt).
Mögliche Fragen für die Übung:
- Worüber haben Sie sich heute schon gefreut?
- Was machen Sie, um selbst bei der Arbeit gesund zu bleiben?
- Welches Feedback hat Sie in Ihrer Karriere besonders gefreut?
Die Übung hat viele Vorteile:
Schüchterne Leute müssen nicht sofort vor der ganzen Gruppe reden. 1-1-Gespräche sind einfacher zu Beginn.
Immer die Hälfte der Gruppe redet gleichzeitig und das erzeugt eine Dynamik/Energie im Raum.
Und durch die Fragen, die man auswählt, kann man die Leute schon gut einstimmen auf das Thema des Workshops oder des Seminars. Wenn beispielsweise das Thema sehr schwer ist, dann kann man leichte, lösungsorientierte Fragen stellen.
Wenn sich die Leute noch gar nicht kennen, dann ist das auch eine nette Chance, dass sie sich z.B. etwas Privates erzählen und damit steigt die psychologische Sicherheit in der Gruppe.
Und es ist auch sehr effizient: Die Leute lernen sich gegenseitig kennen, ohne dass extrem viel Zeit draufgeht.
Man kann auch die Zeit hier gut steuern: Geben Sie 1 oder 2 min. Zeit pro Antwortrunde? Das klingt nach wenig Unterschied, aber in Summe kann das 10-15 min. ausmachen!.
Alle Details zu der Übung inkl. konkreter Fragen für unterschiedlichste Seminare gibt's demnächst in der Online-Akademie für Pioniere der Prävention.
Also: Wenn Sie kreativere, wirksamere Seminare halten wollen, dann schauen Sie vorbei in der Online-Akademie "Pioniere der Prävention". Dazu gibt es viele Inhalte in der Akademie, weil viele Mitglieder eben auch regelmäßig vortragen.
Fragen zur Übung?
Schreiben Sie mir gerne auf LinkedIn oder Twitter mit dem Hashtag pionierederpraevention oder wenn Sie schüchtern sind, geht auch eine Direktnachricht ;-)
Buchtipp:
P. Röhrig (Hrsg.). SolutionTools. 2008. managerSeminare VerlagsGmbH.
Weitere Empfehlungen:
- Podcast-Episode 15: "Stundenbilder - Was ist das? Was bringt das?"
- Podcast-Episode 39: "3 Erfolgsfaktoren für interaktive Online-Workshops"
- Podcast-Episode 67: "Seminar-Titel, die Interesse wecken - Mit 4 Tipps zu mehr Teilnehmenden"
Veronika Jakl
Arbeitspsychologin, Autorin ("Aktiv führen") und Gastgeberin bei den "Pionieren der Prävention".
Begleitet seit 12 Jahren Organisationen dabei motivierende Arbeitsbedingungen zu schaffen und psychische Belastungen zu reduzieren.
Unterstützt PräventionsexpertInnen, die wirklich etwas bewegen wollen.
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