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Warum wir keine Coaches sind als Präventionsfachkräfte!

Ich habe selbst eine Hypnosystemisch-lösungsorientierte Coaching-Ausbildung. Aber ich würde mich selbst nicht als Coach bezeichnen in meiner Tätigkeit als Arbeitspsychologin!

In dieser Episode sprechen wir über Coaching in der betrieblichen Prävention. Viele Selbstständige bezeichnen sich selbst als "TrainerIn, Coach und BeraterIn". Nach dieser Episode wissen Sie, warum das oft inhaltlich falsch ist!

Reden wir also über Coaching, damit Sie wissen, was das wirklich ist und den Begriff richtig verwenden. Und ich bin mir relativ sicher: Nach dieser Episode werden Sie sich selbst nicht mehr als Coach bezeichnen wollen.

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Wollen Sie sich in nächster Zeit selbstständig machen in der betrieblichen Prävention?

Falls ja: Schauen Sie auf www.pionierederpraevention.com/selbststaendig . Da finden Sie den kostenlosen Audiokurs "Erfolgreicher Start in die Selbstständigkeit": 3 Module in 3 Tagen, damit Sie richtig losstarten in die Selbstständigkeit!

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Coaching wird oft missverstanden. Es ist kein geschützter Begriff. Jede/r darf sich Coach nennen. Und das tun im Internet auch viele.

Beispiele gibt es zahlreiche. Eines davon von LinkedIn: Ein Stresspräventionscoach mit einer Ausbildung zum Berater in Stressprävention, aber keiner Coaching-Ausbildung.

Im Gesundheitsbereich ist es genauso. Gesundheitscoaches gibt es wie Sand am Meer. Aber dort ist es mM nach ein bisschen besser, weil: Sie begleiten Menschen bei der Verwirklichung ihrer gesundheitlichen Ziele. Diese Leute kommen in der Regel freiwillig, was eine deutlich bessere Ausgangsituation für ein richtiges Coaching ist.

Ich habe selbst eine Hypnosystemisch-lösungsorientierte Coaching-Ausbildung nach dem Studium als Psychologin gemacht. Aber ich würde mich selbst nicht als Coach bezeichnen in meiner Tätigkeit als Arbeitspsychologin! Denn das mache ich nicht! Ich coache dort nicht!

Viele Selbstständige bezeichnen sich selbst als "TrainerIn, Coach und BeraterIn". Ich habe den Eindruck, weil sie die Unterschiede einfach nicht kennen, sich nicht festlegen wollen oder sich schlicht überschätzen.

Und es gibt ja jetzt auch so viele Fortbildungen, die z.B. aus SicherheitsingenieurInnen Coaches machen wollen.

Schauen wir uns mal an, was Coaching ist:

  • interaktiver Prozess
  • sehr personenzentriert
  • im beruflichen Kontext
  • zeitlich und thematisch begrenzt

Das ist jetzt in der Regel noch nicht das Problem, das bekommen wir in der betrieblichen Prävention auch immer mal wieder auf den Tisch. Und in der Regel wird eine Lösung oder Lösungsansätze für ein sehr abgegrenztes Problem entwickelt. Auch das haben wir in der betrieblichen Prävention.

Aber: Von den KundInnen/ Coachees selbst! Der/Die Coach gibt keine Lösung vor! Und das ist der große Unterschied zu unserer Tätigkeit.

Rauer, 1999 nennt folgende Voraussetzungen für eine tragfähige Coaching-Beziehung:

  1. Freiwilligkeit: Diese haben wir in der Prävention nicht immer. Gerade im gesetzlichen Rahmen ist das ein ganz schwieriges Thema.
  2. Gegenseitiger Respekt
  3. Vertrauen
  4. Gleichwertige Ebene des Kooperierens: Auch das ist eine schwierige Sache in der Prävention.

Ich habe selbst schon Coachings genutzt, z.B. um zu überlegen, mit welcher Zielgruppe ich in Zukunft arbeiten will. Da bin ich mit 2 Möglichkeiten hingekommen, und meine Coach hat mir mit Fragen und einer super Übung geholfen, herauszufinden, was am besten zu mir passt. Aber ihr persönlich war es völlig egal, was ich nehmen werde. Es war MEINE Lösung, die wir erarbeitet haben.

Oder einmal bin ich ins Coaching gegangen, um mein eigenes Zeitmanagement zu verbessern. Weil ich einfach zu viele Aufgaben hatte und zu viele Hüte aufgehabt habe. Dann haben wir in dem Coaching analysiert, was dahinter stecken könnte und wie ich in Zukunft meine wirklich wichtigen Aufgaben auswählen kann. Aber auch hier: Meiner Coach war es egal, welche Aufgaben ich letztendlich wähle. Es ist ja mein Leben.

Es gibt jedoch noch einen wichtigen Unterschied zwischen Coaching und der betrieblichen Prävention:
Wir haben Fachwissen als PräventionsexpertInnen! Und unsere Arbeit findet nicht auf der grünen Wiese statt, also auf einem leeren Blatt Papier. Sondern wir bewegen uns in einem Feld mit gesetzlichen Bestimmungen, Normen und viel arbeitswissenschaftlicher Fachliteratur! Genau deshalb müssen wir fähig sein, Fachinhalte schon mitzuliefern! Und damit können wir unsere Beratung de facto nicht unabhängig machen von unseren eigenen Lösungsideen.

Könnten Sie sich vorstellen eine Führungskraft zu coachen, die z.B. kommt und Probleme hat mit ihren MitarbeiterInnen, weil diese scheinbar überfordert sind zwischen "zu viel zu tun" und "halten sich nicht an Sicherheitsvorschriften". Und die Führungskraft will erarbeiten, wie sie damit jetzt umgehen soll.

Könnten Sie hier wirklich neutral sein? Wahrscheinlich nicht. Sie würden das Thema der Arbeitssicherheit immer prioritär sehen. Was OK ist, aber dann ist es kein neutrales Coaching.

Auf der anderen Seite: Eine vollkommende Neutralität würde sich doch auch mit unserem Berufsethos widersprechen. Wir wollen, dass die Leute sicher und gesund arbeiten.

Das Thema begegnet mir oft in Ausbildungskursen, die ich halte, rund um die Evaluierung psychischer Belastungen. Die Leute wollen z.B. Workshops moderieren, wo Beschäftige selbst auf gute Lösungen/Maßnahmen kommen. Sie glauben aber, es reicht zu lernen, wie man die richtigen Fragen stellt und mit Gruppenkonflikten umgeht. Sie glauben, es ist gar nicht notwendig, dass sie sich fachlich/inhaltlich einbringen. Aber das stimmt nicht!

Dann wären wir nur ModeratorInnen oder eben Coaches. Und dafür buchen uns Firmen ja auch nicht, oder? Diese WOLLEN ja unser Fachwissen, unsere Expertise, unseren Ratschlag.

Deshalb macht es einen qualitativen Unterschied, ob jemand eine Gefährdungsbeurteilung macht und "nur" solche Gruppenprozesse moderieren kann. Oder ob man dann auch psychologische Modelle hinter psychischen Belastungen erklären kann - kognitive Dissonanz, Selbstwert Erhaltungstheorie, Führungstheorie x und y, Auswirkungen von fehlender Wertschätzung, ...

Nicht missverstehen: Coaching-Kompetenzen sind schon extrem wichtig! Es ist wirklich wichtig Kommunikationstheorien zu kennen, Techniken um Leute zum Nachdenken zu bringen, die richtigen Fragen zu stellen und auch um mit Spannungsfeldern umzugehen.

Auch in der Bibliothek der Online-Akademie "Pioniere der Prävention" gibt es Anleitungen für Coaching-Techniken wie lösungsorientierte Gesprächsführung, Zielsetzung mit einem Motto und auch Entscheidungen unterstützen mit dem Tetralemma.

Diese Techniken sind wichtig, aber es reicht nicht aus! Weil: In den seltensten Fällen werden PräventionsexpertInnen ein echtes Coaching-Gespräch führen, wo Ihnen das Ziel des Gegenübers komplett egal ist und sie die Person unterstützen, egal wohin sie gehen will. So neutral sind wir nicht! Und das muss uns klar sein!

Und v.a. in der Arbeitssicherheit geht oft die Initiative nicht von den MitarbeiterInnen/Führungskräften aus. Wir befinden uns häufig in einer Art Zwangskontext. Damit sind wir oft automatisch recht instruierend und direktiv unterwegs, zeigen also einen Weg auf. Und das ist überhaupt nichts Schlechtes!

Aber bitte nennen wir das Kind beim Namen: Das, was wir dann machen, ist nicht Coaching. Es ist Fachberatung oder Consulting. Selbst, wenn wir gerne auf Augenhöhe sind mit unserem Gegenüber.

Aufgabe:

Reflektieren Sie mal Ihre aktuellen Aufträge:

  • Wie viel ist da pures Coaching?
  • Wie viel ist fachliches Consulting?

Weitere Empfehlung:

Podcast-Episode 74: "Was Judo & Coaching gemeinsam haben"

Wenn Sie bereit sind Ihre Beratungskompetenzen zu steigern, einzelne Coachingtechniken zu lernen und sich auszutauschen mit einem großen Netzwerk von KollegInnen aus der betrieblichen Prävention: Schauen Sie vorbei unter www.PioniereDerPraevention.com . Denn wir wissen beide: Um wirklich etwas zu bewegen in Arbeitssicherheit & Gesundheit, braucht es mehr als Fachwissen!

Feedback und Fragen an Veronika Jakl:
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Hier geht es zur Online-Akademie "Pioniere der Prävention":
Veronika Jakl

Arbeitspsychologin, Autorin ("Aktiv führen") und Gastgeberin bei den "Pionieren der Prävention".

Begleitet seit 12 Jahren Organisationen dabei motivierende Arbeitsbedingungen zu schaffen und psychische Belastungen zu reduzieren. 
Unterstützt PräventionsexpertInnen, die wirklich etwas bewegen wollen.

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