Menu

LIVE Prävention in Zeiten der Digitalisierung - Auftakt-Event zu EU-OSHA-Kampagne in Österreich

Wie können Beschäftigte sicher und gesund arbeiten in Zeiten der Digitalisierung? Und was brauchen wir Präventionsexpert:innen, um dabei optimal zu unterstützen?

In der Podcast-Episode 151 nehme ich Sie mit zur Österreichichen Auftaktveranstaltung der EU-OSHA-Kampagne "Sicher und gesund arbeiten in Zeiten der Digitalisierung" in Wien. Sie hören rein in spannende Vorträge, informative Diskussionsrunden und natürlich auch in mein Fazit darüber, welche Aufgaben auf uns in der Prävention zukommen und welche Kompetenzen wir dafür mitbringen sollten. So können Sie für sich abchecken, wie zukunftsfit SIE persönlich sind für die nächsten Jahre und Jahrzehnte.

Falls Sie davon noch nichts gehört haben: Immer für 2 bis 3 Jahre gibt's einen EU-Schwerpunkt von der Europäischen Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz. Und für Herbst 2023 bis 2025 ist das Thema digitale Technologien.

Die Kampagne ist in fünf Schwerpunktbereiche gegliedert:

  1. Arbeit auf digitalen Plattformen
  2. Fortgeschrittene Robotik und künstliche Intelligenz
  3. Telearbeit
  4. Intelligente digitale Systeme
  5. Management von Beschäftigten mithilfe künstlicher Intelligenz

Es gibt auf der Website der Kampagne - https://healthy-workplaces.osha.europa.eu/de - Material, Studienergebnisse und Good-Practice-Sammlungen, … zum Thema. Und in allen EU-Ländern gibt's dazu Veranstaltungen, spezielle Arbeitsgruppen und so weiter.

Und die Pioniere der Prävention sind Kampagnenpartner! Unter anderem dadurch war ich am 18.10.2023 bei der Auftaktveranstaltung für diese Kampagne in Wien. Es waren ca. 130 Personen dort. Und es war hybrid: Die meisten waren vor Ort mit dabei. Einige waren digital dazu geschaltet.

Ich hatte das Gefühl, es war wieder mal ein Klassentreffen v.a. von Leuten, die bei öffentlichen Institutionen arbeiten, die sich mit Prävention am Arbeitsplatz beschäftigten wie AUVA, Arbeitsinspektorat, Arbeiterkammer, Gewerkschaftsbund, Wirtschaftskammer und auch einigen praktisch arbeitenden Kolleg:innen.

Und wenn Sie nicht vor Ort waren, erhalten Sie im Podcast einen Einblick in die wichtigsten Kernthemen für uns als Präventionsexpert:innen. Hören Sie sich dazu auch die Stimmen der Expert:innen in dieser Folge an.

Über den Einfluss von Digitalisierung auf die Arbeitswelt hat Sascha Wieschniewski von der BAuA ein schönes Kontinuum aufgezeigt.

Es wurden dann auch von unterschiedlichen Vortragenden konkrete Beispiele erzählt, wo eben digitale Systeme die Beschäftigten unterstützen bzw. sogar ersetzen:

  1. Kollaborative Roboter in der Fertigung
  2. Drohnen zur Lawinensprengung
  3. Analyse von Labor-Proben
  4. Visuelle Untersuchung von Maschinen-Teilen
  5. Ferngesteuerte Bagger
  6. Digitale Kommunikation im Büro über Tools wie Slack, WhatsApp & hausinterne Plattformen

Das ist natürlich extrem breit! Aber die Frage ist auch: Was macht das mit Beschäftigten?

Sascha Wieschniewski von der BAuA  hat ein Beispiel mitgebracht hat, wo Roboter nun die Arbeit unterstützen und dann hat er auch noch zwei Beispiele erzählt von KI-basierten Kamera-Auswertungen. Hier zeigen die Beschreibungen der Vorteile und möglichen Gefahren, wie ambivalent das Thema ist.

Die Zeit, die bei den Beschäftigten frei wird, wenn sie nicht mehr so - Entschuldigung! – stupide Arbeiten erledigen, kann man entweder nutzen für mehr soziale Interaktion, andere Aufgaben wie Qualitätssicherung oder man könnte auch Arbeitsplätze einsparen. Dann wäre die Angst vor dem Arbeitsplatzverlust real, den viele Beschäftigte verspüren, wenn solche Systeme in ihren Arbeitsalltag Einzug halten.

Jörg Flecker, Soziologe von der Universität Wien, hat es gut auf den Punkt gebracht: Die Technik an sich ist nicht das Problem.

Er macht selbst gerade eine spannende Studie, die "ShapeTec" heißt und da werden qualitative, quantitative, subjektive und objektive Daten erhoben. Die Teilnehmenden tragen bei der Arbeit 1 Woche lang ein EEG-Stirnband, eine Smartwatch für die Pulsmessung als Stress-Indikator und sie füllen zusätzlich noch eine Tagebuchstudie aus und diese wird dann auch noch verbunden mit einem genauen Kalender, was denn wann gemacht wurde in der Woche.

Die Leute bekommen dann auch ein individuelles Feedback zu ihren eigene Daten und gehen dann damit in eine Diskussionsrunde, in eine Fokusgruppe, ähnlich einem betrieblichen Gesundheitszirkel.

Das Ziel ist: Reflexion über Belastungen & Verantwortlichkeiten und Verbesserungsmaßnahmen überlegen.

Und da hat Herr Flecker auch zitiert aus einer solchen Gruppendiskussion, wo über die psychischen Belastungen in Bürojobs durch verschiedene Kommunikationskanäle geredet wurde.

Ein ganz anderes Beispiel von Digitalisierung kam von Roland Sommer, dem Geschäftsführer des Vereins "Industrie 4.0 Österreich".

Und Geronimo Grieger, Arbeitspsychologe aus dem österreichischen Zentral-Arbeitsinspektorat, erzählt, welche Themen es hier denn noch so aus arbeitspsychologischer Sicht gibt. Da hören Sie, dass die Arbeitspsychologie hier wirklich viele Themen hat, die man bedienen kann.

Und ich glaube fest, dass es nicht nur Themen sind für die Arbeitspsychologie. Sondern, dass alle Fachbereiche der Prävention hier etwas beitragen können und aufmerksam sein sollten in den Betrieben gegenüber diesen Aspekten.

Es hat auch eine spannende Umfrage bei der Veranstaltung in Wien gegeben: Überwiegen die Chancen oder die Risiken von Digitalisierung im Hinblick auf Arbeitssicherheit und Gesundheit?

Bei den Event-Teilnehmenden war das so:

  • 48%: Hält sich die Waage
  • 34%: Chancen überwiegen
  • 11%: Risiken überwiegen
  • Rest: Noch nicht zum Einschätzen

Man sieht: Das ganze Thema ist ambivalent mit einem großen Hang zum Optimismus. Das finde ich schön! Aber das ist ja immer nur eine Momentaufnahme.

Hören Sie im Podcast auch, was Klaus Wittig von der AUVA über die großen Herausforderungen der Zukunft zu sagen hat.

Und schauen wir uns auch an:
Welchen Einfluss hat die Digitalisierung auf unsere Präventionsarbeit?

Daniel Huber, Safety Manager bei SIEMENS, zählt hier einige Veränderungen auf, neben den kollaborierenden Robotern in der Produktion. Wie ich finde, klingt das alles sehr spannend für die Zukunft.

Wenn Sie sich dadurch gerade ein bisschen überfordert fühlen aufgrund der Vielzahl an neuen Arbeitsbedingungen, die Sie betreuen sollen und auch der Vielzahl an eigenen neuen Arbeitsbedingungen, dann gibt's eine Aussage von Julia Nedjelik-Lischka, die sich in der Arbeiterkammer Wien mit dem ArbeitnehmerInnenschutz beschäftigt. Denn das finde ich eine schöne Analogie und macht das Thema irgendwie beherrschbarer.

Sascha Wieschniewski von der BAuA hat in seinem Vortrag auch einige Handlungsempfehlungen für die Veränderungen durch Digitalisierung aufgezeigt.

Auch bei einer Diskussionsrunde von lauter Männern, die sich täglich mit den Themen beschäftigen, entweder weil sie fortschrittliche Tools nutzen, als Betriebsrat, als Präventionsexperten beim Begleiten solcher Arbeitsplätze oder weil sie zu dem Thema forschen, wurden die Wünsche für die Zukunft abgefragt.

Christoph Kabas, Psychologe beim Österreichischen Bundesheer, äußert sich dazu. Und auch Daniel Huber, Safety Manager von Siemens, ging auf das Change Management ein.

Was heißt das jetzt für uns? Ich habe bei der Veranstaltung auch die Frage gestellt, welche Kompetenzen wir als Präventionsexpert:innen benötigen, um in Zukunft hier gut beraten zu können bei der Digitalisierung. Jörg Flecker teilt hier seine Ansicht mit.

 

Zusätzlich will ich Ihnen noch einige meiner Überlegungen mitgeben, die ich mir im Lauf der Veranstaltung notiert habe:

Ich glaube, dass wir ganz zentral sind, wenn es darum geht, die Kommunikation mit den Beschäftigten bei solchen Veränderungsprozessen aufzubauen und aufrecht zu halten. Dass wir mit diesen immer klar darüber reden, was das für ihren eigenen Arbeitsalltag heißt. Dass wir auch die Interaktion und die Partizipation von Beschäftigten bewusst gestalten. Da müssen wir uns wirklich in die 1. Reihe stellen und schauen, dass wir hier auch mitreden und wirklich auch diese Arbeitsgestaltung übernehmen. Das heißt z.B. auch Diskussionsrunden zu moderieren mit Beschäftigten.

Aber es geht auch darum, kritisch hinter die Veränderungen zu blicken und auch Auswirkungen aufzuzeigen bei den Verantwortlichen: Was könnte diese Art der Digitalisierung für die Beschäftigten bedeuten? Was heißt diese Home-Office-Regelung? Was heißt dieser Einsatz von Robotern oder von diesen digitalen Tools? Was kann das bedeuten für die Arbeitssicherheit und die Gesundheit der Beschäftigten?

Wir in der Prävention sollten das Schutzschild vor den Menschen sein. Damit wir hier ein bisschen etwas abfangen. Und natürlich auch etwas ermöglichen. Denn ich glaube natürlich auch, dass die Digitalisierung ganz viele Chancen für uns bietet. Aber wir sollten eben auch Dinge mal abfangen können und vorsichtig sein, wie denn da die Auswirkungen sind.

Selbstverständlich wird sich für uns auch das ganze Thema "E-Learning" verändern. Immer mehr von unseren Schulungen und Unterweisungen etc. werden digital und elektronisch funktionieren. Und da müssen wir uns auch Kompetenzen aneignen, wie wir das didaktisch gut aufbauen, denn ich glaube, dass da unsere Didaktik-Kompetenzen gefragt sind.

Wir brauchen auch die Kompetenz, mit digitalen Systemen umzugehen für unsere eigene Arbeit. Also wenn wir beispielsweise Begehungen machen oder Protokolle schreiben, …

Das Thema "Psychische Belastungen" sollten wir uns natürlich auch ganz klar anschauen. Denn ich glaube auch, dass das eine große Aufgabe ist für Präventionsexpert:innen immer auch diese Komponente mitzudenken: Was heißt denn das für die Psyche der Beschäftigten.

Abgeschlossen wird diese Podcast-Event-Zusammenfassung mit einem Zitat von Martina Häckel-Bucher, die die österreichische Koordinatorin ist für die EU-OSHA als Focal-Point-Managerin im Arbeitsministerium.

Die Ausführungen aller genannten Expert:innen hören Sie in dieser Podcast-Episode 151.

 

Weitere Empfehlung:

Podcast-Episode 133: "So wirkt Digitalisierung auf Leistungsfähigkeit - Prof. Oliver Sträter im Interview"

Und wenn Sie diesen Podcast lieben und sich im Auto, beim Kochen oder bei der Gartenarbeit gezielter weiterbilden wollen, dann empfehle ich Ihnen die Online-Akademie "Pioniere der Prävention". Wir haben alle unsere Kurse auch im Audioformat, das heißt, als Mitglied bekommen Sie Zugang zu allen Kursen in einem exklusiven Mitglieder-Podcast.

Feedback und Fragen an Veronika Jakl:
Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Veronika Jakl auf LinkedIn:
Hier geht es zur Online-Akademie "Pioniere der Prävention":
Veronika Jakl

Arbeitspsychologin, Autorin ("Aktiv führen") und Gastgeberin bei den "Pionieren der Prävention".

Begleitet seit 12 Jahren Organisationen dabei motivierende Arbeitsbedingungen zu schaffen und psychische Belastungen zu reduzieren. 
Unterstützt PräventionsexpertInnen, die wirklich etwas bewegen wollen.

back to top