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Kleine Firmen im BGM beraten, obwohl die keine Struktur haben

Damit Sie bei diesen nicht verzweifeln, sondern erfolgreich auch dort die betriebliche Gesundheit vorantreiben können.

In dieser Episode beantworte ich die Frage einer Hörerin, die sie mir über LinkedIn geschickt hat.

Ich zeige Ihnen, wie Sie das BGM angehen können in Firmen, die so klein sind, dass sie keine richtigen Strukturen für den Gesundheitsschutz haben und eigentlich auch keine Zeit dafür.

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Sind Sie schon Mitglied in der Online-Akademie "Pioniere der Prävention"? Wahrscheinlich schon. Falls nicht: Schauen Sie auf www.pionierederpraevention.com ! Die Akademie beinhaltet eine große Kurs-Bibliothek und wir sind ein internationales Netzwerk für ExpertInnen in der betrieblichen Prävention.

Und solche Fragen, wie diese heutige, besprechen wir dort regemäßig, z.B. beim monatlichen, virtuellen Stammtisch und auch im Forum. Ich würde mich freuen, wenn wir uns dort sehen.

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Die Frage der Hörerin:

"Liebe Frau Jakl,

Erstmal möchte ich Ihnen meinen Dank für Ihre wertvolle Arbeit, wie u.a. Ihre Podcastreihe ausdrücken, die ich mit großem Interesse höre!

Ich bin Wirtschaftspsychologin, Systemischer Coach, BGM-Fachkraft als auch langjährige Physiotherapeutin und habe im letzten Jahr mich selbstständig gemacht.

Derzeit beschäftigt mich die Frage, wie man kleine Unternehmen, die noch gar keine Strukturen etabliert haben am besten unterstützen kann! Wie handhabe ich die Situation, wenn es aufgrund der Unternehmensgröße keinen Betriebsrat gibt!?

Für mich ist ein Steuerungskreis elementar wichtig, um nachhaltig Strukturen aufzubauen!

Wie geht man damit um, wenn eigentlich wenig zeitliche Ressourcen im UN verfügbar sind!?

Ich freue mich auf Ihre Rückmeldung!"

 

Eine sehr spannende Frage!

Das klingt für mich noch ein bisschen abstrakt, als ob die BGM'lerin hier kein konkretes Unternehmen im Kopf hat, sondern grundsätzlich ein bisschen Angst, dass das passieren könnte.

Eine kleine Geschichte dazu:

Auch ich habe schon kleine Firmen beraten, die wenige Strukturen hatten rund um betriebliche Prävention. Zum Beispiel:

  • Eine Firma, die Industrie-Anlagen plant. 15 MitarbeiterInnen, alles TechnikerInnen bzw. ProjektassistentInnen. Der Inhaber hat mich engagiert, weil er mich auch privat vom Judo kennt.
  • Oder eine Firma in der Baubranche mit 25 Leuten im Büro und 50 Arbeitern. Es gibt den Geschäftsführer und seine Assistentin, die aber auch die Personalagenden und das Marketing macht. Ansonsten gibt es noch eine interne Fachkraft für Arbeitssicherheit, die im Lager arbeitet. Dieser Mitarbeiter ist aber weder besonders beliebt bei den anderen, noch ist er an Gesundheit im weiteren Sinne interessiert.

Bei beiden Firmen war es sehr wichtig herauszufinden, mit wem ich meine Projekte zum Thema psychische Belastungen aufsetzen kann:

  • Wer ist offiziell zuständig?
  • An wen kann ich mich als Externe wenden, wenn ich mehr so inoffizielle Infos brauche?
  • Wie ist sichergestellt, dass die Analyse-Ergebnisse nicht im Sand verlaufen?

Das gelingt häufig gut mit einem Steuerungskreis! Da bin ich ganz bei der Dame, die mich angeschrieben hat: Ein Steuerungskreis ist essentiell.

Für alle, die neu in das Thema BGM starten (z.B. als Selbstständige):

Gehen Sie nicht davon aus, dass das täglich vorkommt, dass ganz kleine Firmen bei Ihnen anfragen. Themen wie BGM, systemisches Coaching und Arbeitspsychologie sind keine Standard-Themen für Firmen mit 15 Personen. Das sind eher Anfragen von zumindest mittelständischen Unternehmen.

Aber das Beraten von so kleinen Betrieben hat auch viele Vorteile! Diese habe ich gelesen in einer Veröffentlichung von iga (Initiative Gesundheit und Arbeit):

"Übersicht: BGM im Kleinbetrieb"

  1. Kurze Entscheidungswege, informelle und familiäre Strukturen sowie flache Hierarchien führen zu großer Flexibilität, pragmatischen und unbürokratischen BGF-Ansätzen.
  2. In KKU herrscht oft eine große Transparenz – zu Betriebsabläufen, der wirtschaftlichen Lage sowie der Potentiale. Häufig sind auch die Belastungen Einzelner bekannt.
  3. Partizipation und Einflussnahme sind in KKU direkt erlebbar, dies steigert Motivation und Leistungsbereitschaft.
  4. Oft verfügen die Beschäftigten in KKU über viel Handlungsspielraum. Dies fördert die Planung und Umsetzung von BGM-Maßnahmen.
  5. Hohe Identifikation der Mitarbeitenden mit dem Unternehmen fördert die Motivation und Umsetzung von BGM-Maßnahmen.

 

Tipps zu dem Thema:

  • Grundlegend überlegen: Wer hat das Thema angefragt und beauftragt? Wo liegt also die Energie? Wem ist es also wichtig, dass im BGM etwas weitergeht?
  • Gerade in kleinen Firmen, aber auch bei größeren: Es ist essentiell, dass die Geschäftsführung mit an Board ist. Am besten VOR der Projektplanung mit diesen besprechen. Diese dürfen im Zweifelsfall so ein Projekt auch ablehnen. Sie sollen merken, dass es Ihnen als BeraterIn wichtig ist, dass die Geschäftsführung aktiv dabei ist.
  • Anbieten, was wirklich gebraucht wird bzw. angefragt ist. Kleine Firmen haben in der Regel keine Ressourcen für ein 100.000€-Projekt, das über 1 Jahr geht.
  • Wenn es scheint, als wäre viel zu wenig Zeit zur Verfügung für Ihre Themen (schwierige Terminvereinbarungen & Co), würde ich hinterfragen, ob das Unternehmen (bzw. die Geschäftsführung) bereit ist für BGM und es gerade wirklich will.
  • Und bezüglich Betriebsrat: Auch bei kleinen Unternehmen ohne offiziellen Betriebsrat haben Sie sicherlich eine gute Ansprechperson (z.B. Personalstelle) und eventuell gibt es so etwas wie inoffizielle SprecherInnen der Belegschaft, die Sie heranziehen können. Vielleicht eine Sicherheitsvertrauensperson / eine/n Sicherheitsbeauftragte/n. Manchmal kommt man auch erst beim Arbeiten darauf, wer das ist.

 

Es gibt von der BAuA ein Modell mit verschiedenen Formen von Präventionskultur. Da gibt es die "Do it yourselfer". Das ist eine Kultur, die häufig in kleinen Betrieben gesehen wird. Diese Kultur kennzeichnet:

  • Wenige Erfahrungen mit Gefährdungen und eher die Einstellung "wird nicht passieren"
  • Arbeitsschutz wird bei Firmengründung einmal gemacht. Und dann haben sie das Gefühl: Es reichen im Arbeitsalltag Hinweise der Führungskraft
  • InhaberInnen: Legen häufig einen großen Wert auf ihre unternehmerische Freiheit
  • Es ist nicht immer Geld da für BGF-Maßnahmen.
  • Häufig wenig Kontakt nach außen für Benchmarks & Vergleiche zu anderen Organisationen
  • Den InhaberInnen ist wichtig, dass es den Leuten gut geht. Sie wissen, dass sie damit das Wohlbefinden und die Zufriedenheit Ihrer Beschäftigten erhalten oder sogar steigern können. Dass sich die Beschäftigten wohlfühlen, wird für sehr wichtig gehalten!

Was empfehle ich noch zusätzlich?

→ Best-Practice-Beispiele präsentieren von ähnlichen Firmen (also am besten von kleinen Betrieben)

→ Aufzeigen, was es bringt: Expertise im Unternehmen aufbauen

→ Selbst-Checks zeigen

→ Nichts von oben herab vorgeben, sondern partizipieren lassen, wenn gewünscht

Wenn Sie das Thema interessiert, dann freuen Sie sich auf den Pioniere-der-Prävention 2022 Online-Kongress. Ab 29.8. Es gibt einen Vortrag von Karin Goldstein zum Thema: "Wie man erfolgreich einen BGM-Steuerungskreis aufbaut!" Jetzt noch Ticket buchen mit KongressPaket zum Später-Anschauen.

Und wenn auch Sie eine Frage haben, die ich Ihnen beantworten kann, schreiben Sie mir gerne unter Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! . Ich freue mich drauf!

 

Feedback und Fragen an Veronika Jakl:
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Veronika Jakl auf LinkedIn:
Hier geht es zur Online-Akademie "Pioniere der Prävention":
Veronika Jakl

Arbeitspsychologin, Autorin ("Aktiv führen") und Gastgeberin bei den "Pionieren der Prävention".

Begleitet seit 12 Jahren Organisationen dabei motivierende Arbeitsbedingungen zu schaffen und psychische Belastungen zu reduzieren. 
Unterstützt PräventionsexpertInnen, die wirklich etwas bewegen wollen.

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