Unklare Anfrage im Erstgespräch. Was soll ich tun?
Hatten Sie auch schon einmal eine ganz schwammige, unklare Anfrage von einem Interessenten? Nach dem Motto: "Es klingt spannend, was Sie anbieten. Wir sollten uns einmal zusammensetzen und plaudern."
Dieser Blogbeitrag behandelt unklare Anfragen im Erstgespräch. Damit Sie bei Ihrer nächsten Anfrage genau wissen, welche Fragen Sie stellen müssen, um nachher ein perfekt passendes Angebot zu schreiben. Ein Angebot, das der Kunde nicht mehr ablehnen kann…
Ich habe in meiner Laufbahn immer wieder erlebt, dass Leute das Themengebiet Arbeitspsychologie "irgendwie" spannend finden. Sie haben vielleicht etwas darüber gelesen oder gehört. Und dann habe ich von diesen einen Anruf oder eine E-Mail erhalten mit: „Können wir uns dazu mal austauschen?“ Also völlig offen. Ohne Details. Ohne konkrete Frage. Ohne Themengebiet. Da ist es gar nicht so einfach, sich gut auf dieses Gespräch vorzubereiten!
Beispiel:
Ich habe einen Anruf von einer internen Gesundheitsmanagerin bekommen, die ich durch eine Ausbildung kenne und die im öffentlichen Dienst arbeitet. Sie betreut Bedienstete eines Bundeslandes in verschiedenen Organisationen (wie Bereich Straßenbau, Kindergärten, ...). Dort gibt es jährlich Gespräche zwischen den Führungskräften der verschiedenen Organisationseinheiten und der Personalabteilung. Diese Gesundheitsmanagerin hat mir erzählt: "Ich darf jetzt bei diesen Jahresgesprächen mit dabei sein und den LeiterInnen drei Fragen stellen. Der Personalleiter sagt, ich soll über psychische Belastungen sprechen. Ich weiß, dass es dort noch keine Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen gibt. Und ich glaube, das wird auch nicht gewünscht. Welche Fragen soll ich stellen? Was ist zielführend?"
Zusammengefasst: Es geht also um "interne" Erstgespräche. Die Gesundheitsmanagerin kennt die jeweiligen DienststellenleiterInnen nicht. Sie weiß nur, dass sich die Personalabteilung wünscht, dass psychische Belastungen zum Thema gemacht werden. Aber sie weiß nicht, wie die Einstellung der verantwortlichen Führungskräfte zum Thema ist. Und sie weiß nicht, wer genau an den Jahresgesprächen teilnimmt und worüber in der Vergangenheit gesprochen wurde. Also eine ganz diffuse, interne Anfrage.
Grundproblem:
Es kommt immer wieder vor in der betrieblichen Prävention: Die Personalabteilung, die Geschäftsführung oder der Betriebsrat hat den Eindruck, dass man "etwas machen sollte" und es wird eine Anfrage gestellt. Oder es gibt eine ganz vage Idee, dass man sich mit dem Thema "Psyche" oder (noch breiter) "Gesundheit" beschäftigen sollte. Und dann wird man als BeraterIn eingeladen mit den Worten: "Wir sollten uns mal zusammensetzen und brainstormen."
Und ganz ehrlich: Ich mag solche Anfragen nicht! Denn da weiß ich vorher schon, dass hier nicht alle an einem Strang ziehen werden und nicht klar ist, um welches Thema es geht bzw. was eigentlich gewollt wird. Aber wir als BeraterInnen haben damit auch die Chance, das Gespräch zu steuern und unsere AnsprechpartnerInnen von uns zu begeistern. Das funktioniert aber nur, wenn es richtig angegangen wird!
Was kann man also tun?
Zu einem Erstgespräch, wo mir im Vorfeld unklar ist, was die Kontaktpersonen eigentlich von mir wollen und ich gar nicht weiß, ob ich etwas Passendes anbieten kann (Stichwort: "Positionierung"), ergeben sich etliche Fragen: Was soll ich da mitnehmen? Was soll ich vorbereiten? Welche Fragen kann ich stellen?
3 Varianten, wie man vorgehen kann
Variante A: Themen
Man kann Fragen über mögliche psychische Belastungen stellen, die in dem Arbeitsbereich / in der Abteilung vorherrschen und sogar eine Liste mitbringen über verschiedene psychische Belastungen, die (von der Literatur her) in dem Arbeitsfeld sehr häufig vorkommen (Diese kann auch vorher zugesendet werden.). Dann kann man in die Diskussion einsteigen und mit den AnsprechpartnerInnen besprechen, von welchen Themengebieten sie hier betroffen sind. Durch diese Themenauswahl kann man von vornherein eine gewisse Eingrenzung und Konkretisierung vornehmen.
Aber wichtig: Das ist nur dann sinnvoll, wenn man anhand der Antworten auch Lösungen oder Projektvorschläge machen kann!
Diese Variante habe ich auch der Gesundheitsmanagerin aus obigem Beispiel vorgeschlagen.
Variante B - Meine Methoden
Hier geht es darum, mögliche Methoden aufzuzählen, die man anbieten kann aus allen Säulen des Gesundheitsmanagements. Und je nach dem, mit welcher Methode gearbeitet wird, kann man dann eigentlich jedes Thema bearbeiten. Auch hier ist es möglich wieder eine Liste vorzulegen, z.B. mit den 5 Methoden, die man anbieten kann.
Aber wichtig: Das bringt nur etwas, wenn die Methoden dem Gegenüber bekannt oder leicht erklärbar sind!
Beispiel Coaching: Es bringt nichts den GesprächspartnerInnen vorzuschlagen: "Ich kann Ihnen die Disney-Methode, hypnosystemische Trancen oder Skalierungsfragen anbieten. Was möchten Sie gerne?" Das ist nicht der Sinn der Sache. Denn potentielle KundInnen vertrauen den BeraterInnen, dass diese die richtigen Methoden auswählen. Diese Variante ist also nur sehr gezielt bzw. in eingeschränkten Fällen einsetzbar: Nämlich dann, wenn man weiß, dass die GesprächspartnerInnen schon sehr viel über diese Methoden wissen.
Variante C – Erfahrungen und Bedürfnisse
Diese Variante ist der Variante A ähnlich, aber noch offener. Hier kann man z.B. den Führungskräften die Fragen stellen: "Was haben Sie denn bisher getan, um die Gesundheit Ihrer MitarbeiterInnen zu fördern? Was wollen Sie kommendes Jahr tun? Welche Herausforderungen erwarten Sie?" Mit den Fragen wird also in die Vergangenheit und in die Zukunft geschaut. Und darauf aufbauend, können Sie dann ein entsprechendes Angebot legen.
Aber wichtig: Auch das kann man wieder nur dann machen, wenn man anhand der Antworten auch Lösungen oder Projektvorschläge machen kann! Hier liegt es ebenfalls am Berater oder an der Beraterin mit den Antworten etwas anfangen zu können.
Der Kern: Das Wichtigste ist, die Menschen ins Reden zu bekommen und dann darauf aufbauend die wichtigsten Informationen herauszuziehen und einen entsprechenden individuellen Projektvorschlag zu unterbreiten. Das benötigt natürlich Übung.
Immer wichtig:
Immer wichtig beim Erstgespräch ist, mehr Fragen zu stellen als Antworten zu geben. Mit dem Stellen von Fragen zeigen Sie Interesse und Sie machen neugierig. Leute reden einfach gerne über sich selbst. Und es ist immer wichtig für uns BeraterInnen, die Wünsche, Bedürfnisse, Vorurteile, Befürchtungen zu erfahren. Denn darauf aufbauend, kann man dann ein passendes Angebot legen.
Größter Fehler:
Ein großer Fehler ist, wenn Sie bei einem schwammigen Erstgespräch sind, die GesprächspartnerInnen einfach irgendwie reden lassen und das Gespräch dann endet mit "Stellen Sie mir dann halt ein Angebot." Und Sie wissen gar nicht, was Sie eigentlich vorlegen sollen und haben kein Gespür dafür, was Ihr Gegenüber braucht. Der größte Fehler wäre dann: Trotzdem irgendein Angebot zu stellen.
Warum ist das ein Fehler? Weil man damit sicher nicht das trifft, was sich das Gegenüber erhofft (und es wird Hoffnungen haben, die es nur nicht gut ausdrückt). Es ist ein Schuss ins Blaue. Und damit können Sie relativ sicher sein, dass Sie am Ziel vorbeischießen. Natürlich ist es wichtig, die Leute reden zu lassen, aber irgendwann muss man dann auch eingrenzen ("den Sack zumachen"), welche Lösungen oder Projektvorschläge vorstellbar sind anhand der Beschreibung.
Wichtig:
In einem Erstgespräch geht es um beide Seiten! Es ist wie ein erstes Date: Beide dürfen auch "nein" sagen und kein zweites Date wollen. Auch wir als DienstleisterInnen dürfen uns Bedenkzeit einräumen oder sagen: "Das will/kann ich nicht anbieten." Das erhöht Ihre Kompetenz nach außen, denn das wirkt extrem professionell. Ich verweise dann gerne auf KollegInnen (Stichwort: "Netzwerk").
Für die Mitglieder der Online-Akademie gibt es einige Unterlagen rund um das Thema "Erstgespräch". In der Bibliothek können Sie nach "Erstgespräch" suchen. Hier finden Sie dann ein 1stündiges Webinar zu diesem Thema, eine Checkliste und eine Präsentation in einem offenen Format.
Vielen Dank fürs Lesen und viel Erfolg bei Ihrem nächsten Erstgespräch! Und hinterlassen Sie gerne einen Kommentar!
Für alle, die mehr dazu lernen wollen rund um den Erfolg in der Selbstständigkeit: www.PioniereDerPraevention.com – Online-Akademie - Der Mitgliederbereich ist vollgepackt mit Videokursen, Webinaren und einem Forum rund um die Beratung, den Erfolg und das Projektmanagement in Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz.
Veronika Jakl
Arbeitspsychologin, Autorin ("Aktiv führen") und Gastgeberin bei den "Pionieren der Prävention".
Begleitet seit 12 Jahren Organisationen dabei motivierende Arbeitsbedingungen zu schaffen und psychische Belastungen zu reduzieren.
Unterstützt PräventionsexpertInnen, die wirklich etwas bewegen wollen.
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