Führungskräfte als Basis für Präventionskultur - aber wie? | PASiG-Konferenz 2018
Führungskräfte zu beteiligen ist die Basis für eine gute Präventionskultur. Darin sind sich viele einig. Wissenschaftliche Erkenntnisse und Umsetzungsvorschläge lieferte der PASiG-Workshop.
Hinweis: Aufgrund der Informationsmenge ist dieser Veranstaltungsbericht zur PASiG-Konferenz 2018 in 3 Blogbeiträge aufgeteilt. Hier die Informationen zu Führungskräften und Präventionskultur.
Bei Interesse an Digitalisierung & Industrie 4.0 bzw. interdisziplinärer Zusammenarbeit bitte jeweils im nächsten Artikel weiterlesen!
Welcher Führungsstil hält gesund?
Sabine Gregersen, Psychologin in der BG für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege, forschte in ihrer Dissertation über gesundheitsförderliche Führungsstile. Wenn eine Führungskraft Rollenklarheit, Vorhersehbarkeit und Bedeutung der Arbeit liefert bzw. unterstützt dann wird man als gesundheitsförderlich wahrgenommen und ist auch selbst weniger emotional erschöpft. Wichtig ist eine individuelle, wechselseitige Beziehung zwischen Führungskraft und MitarbeiterIn. Es bringt nichts sich als Führungskraft allen gegenüber gleich zu verhalten.
Wie jetzt konkret?
Anke Frieling plädierte für ein metakognitives Training für Führungskräfte. Diese sollen dabei unterstützt werden das eigene Mindset zu erkennen, die individuellen Bedürfnisse der MitarbeiterInnen zu erkennen und dann zu lernen bewusst und flexibel zu reagieren.
Alexander Tirpitz wiederum unterstützt Teams dabei hilfreiche „Routinen“ zu finden, wie Jour-fixe-Abläufe, um einen guten Umgang mit ständigem Wandel zu ermöglichen. Dies wurde dann auch fleißig in einem Arbeitsdialogkreis diskutiert.
Kann auch einer einmal an die Führungskräfte denken?
In einer Podiumsdiskussion gab Johanna Klösch, Arbeitspsychologin der Arbeiterkammer Wien, zu bedenken: Was macht es mit Führungskräften in einem kapitalistischen System agieren zu müssen? (z.B. dass ihre Leistung an Zahlen gemessen wird) Auch damit sollten sich ArbeitspsychologInnen beschäftigen!
Diese Überlegungen wurden angereichert von Fr. Gerlmaier, Uni Duisburg-Essen, welche über 600 Führungskräfte und Arbeitsschutzakteure befragt hat rund um deren organisationale Handlungskompetenz.
Erschreckend zu sehen, dass nur 20% von diesen Personen selbst Kurzpausen machen!
Im „Development Center“ erarbeitet ich mit einer motivierten Gruppe Ideen und Empfehlungen, einerseits für den Fachverband PASiG und seine Arbeit und andererseits für den erfolgreichen Umgang mit Führungskräften.
Wichtig waren uns folgende Aspekte:
Wir freuen uns mit unserem Input Buchpreise gewonnen zu haben!
Präventionskultur - Was ist das und wie kann man sie ändern?
Was ist eigentlich Präventionskultur?
Prof. Gabriele Elke, Uni Bochum, zeigte viel Vielfalt von Konzepten und möglichen Messungen. Grundsätzlich wird Sicherheits- und Gesundheitskultur als Erfolgsfaktor für tatsächliche Sicherheit und Gesundheit angenommen. Wobei es schwierig wird, wenn Einstellungen oder Werte gemessen werden. Aber es zeigen sich starke Zusammenhänge, wenn man sich vor allem auf situative und organisatorische Rahmenbedingungen bezieht.
Prof. Elke sieht Führungskräfte als Kulturpromotoren, die dann auch über implizite Regeln eine bestimmte Kultur herstellen mit gelebter Selbstverständlichkeit und einem geteilten Verständnis für Sicherheit & Gesundheit.
Denn: „Was Führungskräfte tun, ist eine implizite Aufforderung, was zu tun ist.“
Für nachhaltige Präventionsförderung empfiehlt Prof. Gabriele Elke sowohl explizite als auch implizite Verhaltenssteuerung und eine Implementierung nach den bekannten Regeln des Change Managements.
Prävention der Zukunft
Georg Effenberger, Präventionsleiter der AUVA, macht sich in seinem Eröffnungsvortrag stark für den Fokus auf gut funktionierende Systeme und nicht nur für ein Zählen von Ereignissen ohne Sicherheit (Beinahe-Unfälle, Todesfälle, …). Womöglich ist das Erarbeiten von Leitplanken oft sinnvoller als starre Vorgaben für Arbeitssicherheit.
Auch Oliver Villwock, Autor des Weißbuchs Arbeit 4.0, stellte die Frage in den Raum, wie Arbeitssicherheit sichergestellt werden könne, wenn sich in Zukunft Produktionsstraßen selbst rekombinieren und Roboter sich selbst organisieren. Dann müsse vielleicht eine andere Präventionskultur her (statt starrer Regeln und TÜV-
Keine einfachen Erklärungen bitte!
Prof. Andrea Fischbach von der Deutschen Hochschule der Polizei dröselte Stresserleben auf mit dem SOS-Modell. Sie brachte viele anschauliche Beispiele für Gewalt in der Arbeitswelt der Polizei, was Stress verursacht.
Jedoch wurde ihr in Gesprächen mit viele PolizistInnen klar, dass diese stark unterscheiden zwischen Stressfaktoren, welche „zum Job dazugehören“ (wie gewalttätige Demonstrationen) und Stressfaktoren, die vermeintlich unnötig sind (wie schlechte ausgestattete Autos oder bürokratische Abläufe).
Sie machte damit klar, dass Prävention von Stressfaktoren nie isoliert stattfinden kann, sondern immer im Kontext und der Konfiguration betrachtet werden muss. Sonst greift die Analyse und Gestaltung zu kurz!
Auch Rüdiger Trimpop sprach sich für eine differenzierte Betrachtung der Arbeitswelt aus: Wir sollten nie der einfachen Erklärungsmuster erlegen.
Führungskräfte sind nicht immer böse und MitarbeiterInnen agieren nicht immer gut! Auch viele Führungskräfte agieren moralisch und viel zu viele MitarbeiterInnen beuten sich bewusst selbst aus und verlangen krankmachende Arbeitsbedingungen, weil sie vielleicht mehr Geld oder Prestige bringen.
P.S.: Bei Interesse an Digitalisierung & Industrie 4.0 bzw. interdisziplinärer Zusammenarbeit bitte jeweils im nächsten Teil des Veranstaltungsberichts weiterlesen!
Veronika Jakl
Arbeitspsychologin, Autorin ("Aktiv führen") und Gastgeberin bei den "Pionieren der Prävention".
Begleitet seit 12 Jahren Organisationen dabei motivierende Arbeitsbedingungen zu schaffen und psychische Belastungen zu reduzieren.
Unterstützt PräventionsexpertInnen, die wirklich etwas bewegen wollen.
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