Weekend Magazin Style: KOLLEGIAL oder RESPEKTLOS?

Die Argumentation von Veronika Jakl für das "Sie":

Würden Sie "Hey Alex" rufen, wenn Sie dem Bundespräsidenten über den Weg laufen? Wahrscheinlich nicht. Das wäre seltsam und unpassend. Das Sie wird als distanziert und gleichzeitig höflich empfunden. Aktuell glauben jedoch immer mehr Unternehmen, dass eine durchgängige Du-Kultur auch die Beschäftigten enger zusammenschweißt und die Kommunikation vereinfacht. Ein Trugschluss! Letztendlich geht es nicht um Sie oder Du, sondern um psychologische Sicherheit. Diese ist notwendig, um tatsächlich offen über Ideen und schonungslos über Fehler und Gefahren zu sprechen. Und Vertrauen lässt sich nicht herzaubern mit dem Gebrauch von Vornamen, sondern muss wachsen!

Führungsrolle. In meinem Arbeitsalltag sieze ich meine Kunden grundsätzlich zuerst. Erst im Laufe längerer Zusammenarbeit ändert sich das manchmal zum Du. Auch meine erste Mitarbeiterin habe ich lange Jahre gesiezt. Das hat mir geholfen, in die Führungsrolle hineinzuwachsen, Anordnungen zu geben und Kritik auszusprechen. Meine Schwester hingegen arbeitet in einem Konzern, wo sich offiziell alle duzen – auf jeder Hierarchiestufe. Als sie dann für ein Projekt ein E-Mail verfasst hat, das auch an den CEO adressiert war, kam es ihr plötzlich doch sehr seltsam vor, auch ihn mit Vornamen anzusprechen. Sie kannte ihn ja nicht wirklich. Nutzen wir doch die Bandbreite der deutschen Sprache! Es geht doch nichts über diesen schönen Moment, wo man einer vertrauten Person bewusst anbietet: "Wollen wir uns nicht duzen? Ich bin die Veronika!"

Eine Argumentation von Veronika Jakl für das "Sie", erschienen im "Weekend Magazin Style" (Nr. 1, Frühling 2023) am 23.03.2023.

HIER geht's zum ganzen Pro&Contra-Artikel (Seite 72 und 73)

Dieses Thema interessiert Sie? Dann freuen Sie sich auf die Episode 120 des "Pioniere der Prävention"-Podcasts "Duzen oder siezen? 11 Leute. 11 Meinungen." Diese Folge erscheint am 04.04.2023.