Die wichtigste Entscheidung meiner Karriere habe ich nicht selbst getroffen
Ich erzähle Ihnen, welche wichtige Entscheidung in meiner Karriere nicht von mir, sondern von jemandem anderen getroffen wurde. Und: Was Sie sich aus dieser Geschichte mitnehmen sollten!
Ich bin jetzt seit über 11 Jahren selbstständig und darf mich mit 2 Firmen und einer Online-Akademie wohl schon als Unternehmerin bezeichnen. Aber das war nicht immer so. Nicht immer war mir so klar wie heute, wo ich hinwill. Denn nach meinem Studium habe ich überlegt, ob ich nicht ein Doktorat machen und in die Forschung gehen soll. Aber dazu ist es dann nicht gekommen.
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Aber zurück zum heutigen Thema:
Gleich nach meinem Studium - offiziell seit 2010 - habe ich mich selbstständig gemacht. Aber eigentlich mehr, damit ich die Projekte, die mir angeboten wurden, auch abrechnen konnte. Ich war nicht mit vollem Herzen Unternehmerin.
Die erste Zeit habe ich mir eher immer gedacht: "OK, dieses Projekt mache ich noch und dann suche ich mir einen richtigen Job." Dann wurde mir noch ein Projekt angeboten und da habe ich mir wieder gedacht: "OK, noch ein paar Monate, aber dann suche ich mir einen richtige Job." Ich habe 2011 dann sogar einen Halbtagsjob angenommen, weil ein Bekannter mich für sein Institut angeworben hatte, um dort intern Forschungsprojekte durchzuführen.
Sie sehen, ich bin da eigentlich mehr mit den Umständen mitgeschwommen. Aber es war keine klare Entscheidung von mir, wo ich beruflich hin will!
Ich habe ca. über 1,5 Jahre eher mit dem Gedanken gespielt, dass ich eine Psychologie-Dissertation an der Uni schreibe. Dazu habe ich immer wieder verschiedene Exposés geschrieben.
Dazu muss man wissen: Auf der Universität Wien kann man nur "kummulativ dissertieren", d.h. man braucht mindestens 3 Publikationen in wissenschaftlichen Zeitschriften. Um das zu schaffen, muss man eigentlich angestellt sein auf der Uni. Nebenbei ist das überhaupt nicht möglich, wenn man nicht eingebunden ist in diesen Forschungsbetrieb.
Und im Juli 2011 habe ich mich dann beworben an der Universität für eine ausgeschriebene Stelle als Universitätsassistentin, damit ich eine Dissertation machen kann. Als Thema habe ich eingereicht: "Fluktuation in der Einschulungsphase". Ich wollte untersuchen, warum neue MitarbeiterInnen freiwillig noch während der Einschulungsphase kündigen. Welche Faktoren beeinflussen, ob jemand nicht nur unzufrieden ist, sondern dann tatsächlich in den ersten Wochen oder Monaten wieder kündigt?
So habe ich 2011 jedenfalls dazu ein Konzept geschrieben mit Hypothesen und ein Forschungsdesign. Ich wusste aber damals schon, dass der Inhalt nicht so wichtig ist. Denn mein geplanter Doktorvater hat mir klar gesagt, dass das Thema nicht relevant ist, da dieses Dissertations-Thema des Dissertationsvorhabens grundsätzlich von der Universität vorgegeben wird. Also war für mich klar: "OK, ich schreibe hier mal eine Idee, aber das richtige Dissertationsthema wird dann vom Institut im Rahmen des aktuellen Forschungsschwerpunkts vorgegeben." Soweit so gut.
Dann habe ich die Einladung bekommen zum Bewerbungsgespräch, in der stand, dass mich mein geplanter Doktorvater zu einem Gespräch einlädt. Ich habe damals schon immer wieder mit ihm zusammengearbeitet bei Unternehmensprojekten und wir kannten uns recht gut. Daher war ich ziemlich entspannt.
Doch dann bin ich dort hingekommen und da saßen in diesem Raum: 2 Uni-Professoren von dem Institut und noch 2 weitere Leute. Daraufhin bin ich sofort extrem nervös geworden. Denn darauf war ich nicht eingestellt. Und dann waren auch noch die Fragen heftig: Ganz anders als gedacht. Ich bin davon ausgegangen, dass es um meine fachliche Expertise geht und wie ich da forschen möchte und wie es mit der statistischen Kompetenz aussieht.
Aber in Wirklichkeit ist es viel mehr um die Rahmenbedingungen gegangen: Wie stelle ich mir meine Karriere nach der Dissertation vor? Bin ich bereit, Vollzeit zu arbeiten für eine Halbtags-Bezahlung? Kann ich mir vorstellen, an Dingen zu forschen, die mich nicht 100 % interessieren? Kann ich mir vorstellen, später für eine Unikarriere ins Ausland zu ziehen und an verschiedenen Universitäten zu arbeiten?
Das war echt für mich eine Ernüchterung, was alles zum Universitätszirkus dazugehört (häufig umziehen, reisen). Ich war und bin nicht bereit mein Leben hier in Wien aufzugeben. Da ich hier sehr verwurzelt bin mit meiner Familie und meinem Judo. Und das habe ich dort auch offen gesagt.
Nach dem Gespräch war ich einigermaßen verwirrt, aber immer noch überzeugt von meiner Qualifikation. Aber es kam, wie es kommen musste: Ich habe eine Absage bekommen mit "Sie haben viel Neugier für Dinge, aber das kann man im akademischen Bereich gar nicht so umsetzen sondern in der Selbständigkeit." Und deswegen war die klare Empfehlung: "Frau Jakl, bleiben Sie selbstständig!"
Das hat mich hart getroffen. Ich kann mich noch gut erinnern: Ich bin auf der Couch in unserer alten Wohnung gesessen und habe geweint. Ich habe mich nicht verstanden gefühlt: Wieso darf ich nicht meine Leidenschaft für Forschung ausleben? Und was hat das zu tun mit einer Karriere an ausländischen Unis?
Long Story short: Ein paar Monate später habe ich dann bei dem Institut gekündigt. Weil ich gesehen habe, dass ich mich selbstständig wirklich besser verwirklichen kann.
Dann habe ich größere Projekte an Land gezogen. Ich habe aber trotzdem noch ca. 1 Jahr lang immer wieder Phasen gehabt, wo ich mir nicht zu 100 % sicher war, wo es hingehen soll. Ich habe dann aber auch größere Organisationen über einen längeren Zeitraum begleitet als Arbeitspsychologin. Und seit ich das mache, weiß ich total, wo mein berufliches Ziel ist.
Das hat sich über die Jahre natürlich immer wieder im Detail gewandelt mit dem Aufbau von einem Team, der Gründung einer IT-Firma nebenbei und so weiter. Aber ich kann heute mit voller Kraft sagen: Ich liebe meine Selbstständigkeit und will diese Arbeitsform nicht mehr hergeben!
Und ich weiß auch, dass diese emotionale Entscheidung für die Selbstständigkeit so wichtig war für meinen Erfolg heute. Weil ich jetzt mit ganzem Herzen Unternehmerin bin. Und mich nicht mehr links und rechts umschaue. Weil ich nicht mehr nervös werde, wenn ich Job-Angebote sehe für eine Stelle als angestellte Arbeitspsychologin. Ich weiß einfach, dass ich das nicht will. Ich bin ganz verwurzelt in meiner Selbstständigkeit.
Der Uni-Professor hatte recht: Die Forschung hätte mich wahrscheinlich nicht langfristig glücklich gemacht. Die Selbstständigkeit schon! Diese macht mich glücklich!
Was hat das jetzt mit Ihnen zu tun? Vielleicht ist es Ihnen auch schon mal so gegangen: Sie wollten irgendwas unbedingt haben, z.B. Job, Projekt, Kunden. Und dann kam die Absage und Sie waren im ersten Moment sehr enttäuscht.
Und eine zweite Sache: Wenn man Feedback von jemandem bekommt, dann ist das immer ein Geschenk. Manchmal ist es hart verpackt und man will es vielleicht gar nicht annehmen. Aber mit ein bisschen Abstand kann man sicher daraus etwas für sich mitnehmen.
Was ich für mich mitgenommen habe: Manchmal sehen andere in mir Dinge, die ich (noch) nicht sehe oder noch nicht so klar annehmen kann. Aber ich vertraue inzwischen darauf, dass ich das auch irgendwann annehmen und für mich reflektieren kann (manchmal braucht es eben ein paar Monate), aber dass ich das irgendwann einbinden kann in mein Selbstbild. Dass sich hier Selbstbild und Fremdbild annähern.
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Veronika Jakl
Arbeitspsychologin, Autorin ("Aktiv führen") und Gastgeberin bei den "Pionieren der Prävention".
Begleitet seit 12 Jahren Organisationen dabei motivierende Arbeitsbedingungen zu schaffen und psychische Belastungen zu reduzieren.
Unterstützt PräventionsexpertInnen, die wirklich etwas bewegen wollen.
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