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"Hier ist ein einfacher Weg, um all Ihre Probleme zu lösen!"

Mir reichts! Es schwirren so viele Schlagwörter in der Szene rund um „die neue Arbeitswelt“ herum: Emotionale Intelligenz, Wirksamkeitsbewusstsein, Employality, Mindfulness, … Jede/r Berater/in glaubt das Rad neu erfunden zu haben und hat „das einzig hilfreiche Modell“ entwickelt. Und natürlich gleich einen teuren Methodenkoffer dazu.

Und zu 95%  beschäftigen sich diese Organisationsentwickler, Lebensberater und Coaches nicht mit den vorhandenen, wissenschaftlich überprüften Modellen. Sie kennen nicht die belegten Zusammenhänge zwischen Belastungen und Beanspruchungen. Vielleicht können sie nicht einmal diese Begriffe unterscheiden.

 

Einfache Antworten. Keine Wissenschaft.

Aber sie haben tolle, blumige Antworten im Portfolio: die „7 Stufen der Transformation“, der „TEKA Wirksamkeitscheck“, die „Landkarte der modernen Führung“ oder das „neuronale Leadership-Konzept 4.0“. (Anmerkung: Ähnlichkeiten mit kommerziellen Beratungsansätzen sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.)

Sie ignorieren (absichtlich oder unwissend) die akademische Literatur z.B. rund um die Formen der Arbeitszufriedenheit von Agnes Bruggemann, die Ebenen der Organisationskultur nach Edgar Schein, das normative Entscheidungsmodell für Führungskräfte von Vroom und Yetton, die jahrzehntelange Forschung rund um teilautonome Arbeitsgruppen oder die Stufen der menschengerechten Arbeitsgestaltung von Hacker.

Sie nutzen keine testtheoretisch überprüften Messverfahren wie das Organizational Commitment Questionnaire, den FAT-Fragebogen zur Arbeit im Team oder das Job-Diagnostic-Survey zur Arbeitsplatzanalyse. Das wäre ja wieder alles zu komplex. 

Solche Berater wollen lieber mit 10 kurzen Fragen 15 verschiedene „psychologische Typen von MitarbeiterInnen“ diagnostizieren.

 

Es ist traurig, dass in unseren „postfaktischen Zeiten“ auch scheinbar die Organisations- und Führungskräfteberatung anfällig ist für beeindruckend klingende, aber viel zu simple Erklärungsmodelle!

 

"Aber es war so toll!"

Sie werden jetzt vielleicht sagen: „Aber das Ergebnis hat so perfekt gestimmt für uns! Es hat etwas gebracht!“. Dann lernen Sie den Hawthorne-Effekt kennen und schauen Sie sich dieses YouTube-Video zum Barnum-Effekt an:

Kurzfassung: Menschen ändern ihr Verhalten/ihre Leistung, wenn sie wissen, dass sie unter Beobachtung zB während einem Changeprojekt stehen. Und Menschen haben die Neigung vage Aussagen über ihre eigene Person so zu interpretieren, dass sie sie für zutreffend halten. (Deshalb funktionieren ja auch Horoskope auch so gut…)

 

Faustregel

Wenn Ihnen jemand einfache Ursache-Wirkungszusammenhänge verkaufen will mit denen man komplexe Situationen „ganz einfach“ lösen kann, dann seien Sie skeptisch! Wenn Ihnen jemand nicht vor Beginn des Prozesses das Modell erklären will weil es ja „teures Geheimwissen“ ist, dann geben Sie kein Geld dafür aus! Fragen Sie nach Beweisen! Lassen Sie sich Studien schicken! Und vertrauen Sie grundsätzlich niemandem, der sich auf „Ergebnisse der Gehirnforschung“ beruft.

Und nein: „eine Reihe von Testkunden“ reicht einfach nicht aus. Auch ein Buch zu schreiben allein ist keine Bestätigung der Richtigkeit.

 

Würden Sie ein Haus bauen ohne Statiker? Würden Sie sich von einem Masseur operieren lassen? Eben! Warum lassen Sie Berater mit unwissenschaftlichen Konzepten an Ihrem Unternehmen arbeiten? Ist es Ihnen nicht wichtig genug?

 

Veronika Jakl

Arbeitspsychologin, Autorin ("Aktiv führen") und Gastgeberin bei den "Pionieren der Prävention".

Begleitet seit 12 Jahren Organisationen dabei motivierende Arbeitsbedingungen zu schaffen und psychische Belastungen zu reduzieren. 
Unterstützt PräventionsexpertInnen, die wirklich etwas bewegen wollen.

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