„Die haben ja keine Ahnung.“ Umgang mit Ferial-PraktikantInnen.
Viele Unternehmen beschäftigen FerialpraktikantInnen im Sommer. Oftmals steht hinter dieser Aktion der Gedanke, den eigenen MitarbeiterInnen dadurch ein wenig Entlastung zu bringen und gleichzeitig dem Praktikanten oder der Praktikantin Berufserfahrung zu ermöglichen.
Leider profitieren dabei nicht immer beiden Seiten gleichermaßen, denn: Berufserfahrung ist nicht gleich Berufserfahrung.
Vor allem dann nicht, wenn den FerialpraktikantInnen hauptsächlich Tätigkeiten übergeben werden, die bei den eigenen MitarbeiterInnen eher unbeliebt sind. Kopieren, Schreddern, Akten sortieren, Kaffee machen - Aufgaben, die zwar oftmals im Job dazu gehören, aber selten fachliche Kenntnisse benötigen. Natürlich könnte es den Unternehmen egal sein, ob sie die „Ferialis“ sinnvoll beschäftigen oder gar für die Arbeitswelt begeistern. Kurzfristig gesehen bekommen sie schließlich das, was sie brauchen.
Als Arbeitgeber sollte man sich jedoch ins Bewusstsein rufen, dass diese jungen Leute die Arbeitskräfte von morgen sind.
„Jeder muss einmal klein anfangen“
Ja, auch „unbeliebte“ Tätigkeiten müssen gemacht werden und stellen eine wichtige Lernerfahrung in der Arbeitswelt dar. Schließlich kennt das jeder von uns: es gibt ein paar lästige Aufgaben, die man gerne vor sich hinschiebt und am liebsten abgeben möchte. Doch betraut man FerialpraktikantInnen hauptsächlich mit „Laienaufgaben“, ist es durchaus möglich, Arbeitswillige frühzeitig zu demotivieren oder sogar zu frustrieren. Auch wenn es durchaus nachvollziehbar ist, zeitaufwendige, einfache Aufgaben (z.B. Ordner-Etiketten neu beschriften) eher „günstigen“ FerialarbeiterInnen zu geben, als die eigenen, kostspieligeren Fachkräfte dafür einzusetzen.
Nachhaltigkeit
Eine nachhaltigere Perspektive für beide Seiten wäre es, jungen Leuten zusätzlich auch fachspezifische Aufgaben zu übertragen. Sinn in einer Aufgabe erkennen zu können ist nicht nur für die Arbeitsmotivation von erfahrenen ArbeitnehmerInnen wichtig. Gerade für die Generation Y (Geburtsgänge zwischen 1980 bis 1999) stehen die Freude an der Arbeit, ausreichende Freiräume, aber vor allem die Möglichkeit zur Selbstverwirklichung im Mittelpunkt der Arbeitswelt. Junge Leute bergen oftmals ungeahntes Potential in dem sie beispielsweise andere bzw. neue Sichtweisen auf alte, eingefahrene Strukturen oder Prozesse einbringen.
Durch den stetig wachsenden Fachkräftemangel sollte es Ihnen als UnternehmerIn ein zusätzliches Anliegen sein, junge, lernwillige MitarbeiterInnen für den eigenen Betrieb zu gewinnen. Gerade bei Auszubildenden, SchülerInnen oder StudentInnen sollten Sie darauf achten, ihnen Einblicke in Tätigkeitsbereiche zu geben, die bisher weniger bekannt oder beliebt sind. So können Sie junge, wissbegierige Menschen zum Arbeiten in Bereichen motivieren, für die ein Nachwuchsmangel zu erwarten ist. Je positiver die FerialpraktikantInnen die Arbeitserfahrungen in Ihrem Unternehmen bewerten, desto wahrscheinlicher ist es, diese als langfristige MitarbeiterInnen der Zukunft zu gewinnen.
Zudem bergen begeisterte FerialpraktikantInnen noch einen weiteren positiven Nebeneffekt: erzählen diese voller Enthusiasmus von Ihrem Unternehmen und der Arbeit bei Ihnen steigert dies Ihre Reputation und damit auch Ihr employer branding nach Außen. Wer weiß: vielleicht schaut sogar eine gute Arbeitgeber-Bewertung auf den einschlägigen (online) Plattformen für Sie dabei heraus.
Tipps und Tricks für erfolgreiches „Ferialpraktikanten-Management“
- Aufgaben
- Klar, einfache „Laienarbeiten“ gehören mit dazu. Aber achten Sie darauf, dass PraktikantInnen auch genügend fachspezifische Aufgaben übertragen bekommen. Welche Arbeiten sind zwar anspruchsvoll, könnte man aber bereits nach einer kurzen Einschulungsphase übergeben? Vielleicht können Sie schon während des Jahres bewusst Aufgaben für den Sommer sammeln, die zeitlich nicht dringend sind, fachlich jedoch einen Einblick liefern.
- Falls nicht schon in der Bewerbung formuliert – fragen Sie einfach nach, welche Tätigkeitsbereiche interessant sein könnten.
- Einschulung
- Überlegen Sie sich im Vorfeld, wer für die Einschulung der PraktikantInnen zur Verfügung steht. Schließlich sollen Ihre bestehenden MitarbeiterInnen durch die Einschulung nicht noch zusätzlich belastet werden.
- Wenn Sie mehrere FerialpraktikantInnen gleichzeitig beschäftigen, lässt sich vielleicht eine Gesamteinschulung organisieren. Selbst wenn alle „FrischeinsteigerInnen“ in unterschiedlichen Abteilungen beschäftigt sind, gibt es doch auch Informationen, die alle benötigen (z.B. Wo bekomme ich meine Essenskarte? Wie erfasse ich meine Arbeitszeit? etc…).
- Wissensmanagement
- Gibt es Unterlagen zu verschiedenen Aufgaben, die sich FerialpraktikantInnen durchlesen können, wenn Leerläufe in der Einschulung entstehen?
- Fordern Sie FerialpraktikantInnen auf, Wissensmanagement zu betreiben. Fachliche Schulungen können mitgeschrieben und so dokumentiert werden. Dadurch profitiert die nächste Generation an FerialpraktikantInnen und Ihre MitarbeiterInnen ersparen sich zukünftig etwas Arbeit.
- Auch Information über den Stand von Projekten, die begonnen, aber nicht abgeschlossen werden konnten, sollten verschriftlicht und intern abgelegt werden.
- Feedback
- Lassen Sie sich nach Ende des Praktikums Feedback geben. Was hat den „Neulingen“ gefallen, was könnte man für die nächsten noch besser machen?
Sie werden sehen – wenn Sie den FerialpraktikantInnen etwas zutrauen, können beide Seiten einen Nutzen aus dem kurzen Arbeitsverhältnis erzielen. Starten Sie doch einen Versuch: Fragen Sie einmal eine/n Ferialpraktikantin/Ferialpraktikanten nach seiner/ihrer Meinung zu einem arbeitsrelevanten Thema. Sie können dabei nichts verlieren, aber vielleicht werden Sie ja positiv von einem unerwarteten Talent überrascht.
Wir wünschen Ihnen und Ihren FerialpraktikantInnen einen produktiven Sommer mit beidseitigen mit neuen Erfahrungen!
Rhonda Turin-Zelenko
Meine Ausbildungen:
- * Zertifizierte Arbeits- und Organisationspsychologin
- * Sicherheitsvertrauensperson
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