Führen ohne Macht
Sie haben ein Team, das an sich gut funktioniert. Die MitarbeiterInnen bringen ihre Leistung – manche von ihnen vielleicht sogar mehr als gefordert – und beim jährlichen MitarbeiterInnen-Gespräch erhoffen sich die Leute eine Belohnung für ihre Anstrengungen. Es stehen Ihnen aber keine zur Verfügung.
Vielleicht haben Sie es aber auch mit MitarbeiterInnen zu tun, die sich Ihres Arbeitsplatzes sicher wähnen, bewusst verminderte Leistung erbringen, weil sie einfach keine Lust auf Arbeit haben und deshalb auch gleich den jährlichen Urlaubsanspruch um einige Wochen Krankenstand erweitern. Wiederholt haben Sie an die Moral und auf die negative Wirkung auf das Team aufmerksam gemacht. Umsonst. Jetzt bleibt Ihnen nur noch übrig resigniert zuzusehen und die restlichen Teammitglieder zu motivieren, die zusätzlich anfallenden Arbeiten mitzumachen.
Denn das Unternehmen, für das Sie arbeiten, hat Ihnen zwar eine Leitungsfunktion übertragen, dabei aber vergessen, Ihnen auch Steuerungsinstrumente wie Budgethoheit oder Sanktionsmöglichkeiten mitzugeben. Trotzdem wird in Ihrer Zielvereinbarung festgelegt, dass die Produktivität in Ihrem Bereich steigen soll.
Was sollen Sie nun tun, wenn Ihnen die Hände gebunden sind?
Konsequenzen könnten Sie zwar androhen, die betreffenden MitarbeiterInnen entlarven diese allerdings schnell als Bluff, da Ihnen die dazugehörige Macht fehlt. Genauso wenig, wie Sie möglicherweise Einfluss auf das Gehalt und den damit verbundenen Boni bei leistungsschwachen MitarbeiterInnen haben.
Nicht immer verfügen Personen mit Führungsaufgaben auch über die Möglichkeit ein Machtwort zu sprechen oder Konsequenzen für ungewünschtes Verhalten zu setzen. Hier gilt mehr als sonst wo, als Führungskraft auf gewisse Punkte zu achten:
Nehmen Sie ihre Vorbildfunktion war
Sehen Sie sich als Führungskraft ein Stück weit als Dienstleister. Spendieren Sie auch mal eine Runde Eis im Sommer oder nehmen Sie Getränke mit zu einer Feier. Die positive Stimmung, die Sie damit erzeugen, wirkt sich positiv auf die Leistungsfähigkeit aus. Eine gute Stimmung erhöht zudem die Kreativität, verbessert die Informationsaufnahme und steigert das Miteinander im Team.
Stimmung fängt jedoch immer bei sich selbst an, denn Stimmungen sind ansteckend. Sind Sie selber gut gelaunt, fällt es Ihnen leichter Ihre MitarbeiterInnen zu motivieren. Sind Sie andererseits schlecht gelaunt, ist es schwer, Enthusiasmus bei den MitarbeiterInnen zu wecken.
Gestalten Sie zudem die Arbeitssituation so, dass Selbststeuerung und Handlungsspielräume entstehen. Das erreichen Sie beispielsweise durch den Einbezug der MitarbeiterInnen oder etwa dem Einplanen von Zeitpuffern. Besprechen Sie mit Ihrem Team gemeinsam, wie Arbeitsabläufe verbessert werden können.
Zollen Sie Ihren MitarbeiterInnen Anerkennung. Achten Sie sowohl auf die Leistung jedes einzelnen, übersehen Sie dabei aber nicht die Personen im Hintergrund. Regelmäßiges (positives) Feedback und ein respektvoller Umgang mit den MitarbeiterInnen fördern deren Arbeitszufriedenheit. Nicht umsonst wird Anerkennung auch als das „zweite Gehalt“ bezeichnet.
Lob ist ein menschliches Grundbedürfnis
Lob kostet nicht viel – außer etwas Zeit –, bringt jedoch enorm viel. Bei vielen Führungskräften besteht die Angst, dass MitarbeiterInnen sich auf ihren Lorbeeren ausruhen oder dadurch überheblich werden.
Denken Sie an die letzte große Anerkennung, die Sie im beruflichen Kontext erfahren haben. Wie hat diese auf Sie gewirkt? Haben Sie danach aufgehört sich anzustrengen oder hat es Sie nicht viel mehr motiviert?
Beim richtigen Loben gibt es 8 Aspekte, auf die Sie achten sollten:
- Seien Sie so konkret wie möglich, damit es nicht aufgesetzt wirkt.
- Meinen Sie es ehrlich!
- Sorgen Sie für Blickkontakt, während Sie loben.
- Erinnern Sie in Krisenzeiten an vergangene Erfolge.
- Seien Sie achtsam und loben Sie auch in Momenten, in denen die MitarbeiterInnen etwas gut gemacht hat und nicht nur einmal jährlich im Mitarbeitergespräch.
- Sie dürfen ruhig dabei lächeln und offen zeigen, dass Sie ernsthaft über die Leistung erfreut sind.
- Achten Sie auf die Faustregel 3:1. Loben Sie 3mal häufiger als Sie kritisieren. Kritik bleibt wesentlich länger im Gedächtnis als positives Lob. Zusätzlich erledigen Ihre MitarbeiterInnen doch mehr Sachen gut als schlecht.
- Loben Sie sich auch selber! Denn Eigenlob stimmt!
Wertschätzung
Im Gegensatz zum Lob ist Wertschätzung von der Leistung unabhängig. Wertschätzung bezieht sich nämlich auf die Person selber und wird von den meisten MitarbeiterInnen sogar als bedeutender gesehen als Lob für die Leistung.
Wertschätzung zeigt man durch einfache Gesten wie:
- Grüßen in der Früh und am Gang
- Zum Geburtstag gratulieren
- Höflich sein mit Bitte und Danke als Ausdruck von Respekt
- Sich auch für Persönliches interessieren (sofern dies von den MitarbeiterInnen gewünscht wird)
- Willkommensgespräche mit neuen MitarbeiterInnen führen
Christiane Heider
Meine Ausbildungen:
- * Zertifizierte Arbeits- und Organisationspsychologin
- * Zertifizierte Klinische und Gesundheitspsychologin
- * Zertifizierte Notfallpsychologin
- * Systemischer Coach
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