Kolumne "Jakls Arbeitswelt" - Mein Chef nervt!
Im Gewerkschaftsmagazin "Für dich" gibt es die Kolumne "Jakls Arbeitswelt". Veronika Jakl erzählt dort von Stressfaktoren und bringt Lösungsbeispiele aus dem Arbeitsalltag! In dieser Ausgabe ging es um die Führungsstile und ihren Einfluss auf die Gesundheit der MitarbeiterInnen.
Das Menschenbild eines/einer Vorgesetzten und damit das tägliche Führungsverhalten habe einen wissenschaftlich belegten Einfluss u.a. auf Blutdruck, muskuloskelettale Beschwerden, Immunerkrankungen und psychische Erkrankungen wie Burn-out. Umso wichtiger ist es, dass Führungskräfte verantwortungsbewusst handeln und auf Fehlverhalten hingewiesen werden!
Jeder von uns hat in seinem Berufsleben sicher schon motivierende und motivierte Führungskräfte aber auch stressige und belastende Vorgesetzte gehabt.
Ich kann mich gut an eine Chefin erinnern, die uns Mitarbeitern viele Freiräume gelassen hat, auch bei gravierenden Fehlern ruhig geblieben ist und die Fehlerquellen gemeinsam mit uns gesucht hat, um für die Zukunft zu lernen.
Aber ich hatte auch schon einen Chef, der einfach alles kontrolliert hat. Jede E-Mail, die die Abteilung nach draußen verließ, musste über seinen Schreibtisch gehen. Obwohl es eine Abteilung mit hochqualifizierten und hochmotivierten Leuten war!
Wenn wir mal unsere Gespräche mit KollegInnen in der Teeküche, Kantine oder auf dem Gang analysieren, drehen sich ganz viele davon um den herrschenden Führungsstil eines Vorgesetzten oder unserer Organisation. Im einen Extremfall wird die Führungskraft als großartiger Motivator und „Retter der Abteilung“ gesehen. Und im anderen Extremfall weinen Mitarbeiter, wenn sie vom negativen Umgang des Vorgesetzten sprechen.
Es gibt Führungsstile, die (wissenschaftlich belegt) krank machen. Kurzfristig oder langfristig: Mangelnde soziale Unterstützung durch die Führungskraft bewirkt erhöhte Fehlzeiten von Mitarbeitern. Zu wenig Belohnungen (im Sinne von pünktlichem Gehalt, Aufstiegsmöglichkeiten, Wertschätzung, ...) erhöhen den Blutdruck vor allem bei Männern und verschlechtern das Immunsystem. Geringe Handlungsspielräume erhöhen die Wahrscheinlichkeit für muskuloskelettale Beschwerden und Immunerkrankungen bzw. verstärken bestehende Beschwerden.
Handlungsspielräume zu geben und die Beschäftigten beteiligen ist hingegen gesundheitsförderlich. So wie die Vermittlung der Sinnhaftigkeit und Bedeutung einer Arbeit die Arbeitszufriedenheit bei Beschäftigten erhöht. Mitarbeiterorientierte Führung ist daher im Allgemeinen gesundheitsförderlich. Es reduziert Stresssymptome und Burnout-Aspekte.
Viele Führungskräfte sind der Überzeugung, dass bestimmte Verhaltensweisen einfach „so sind“. Man hört zum Beispiel oft Aussagen wie: „Mir liegt es halt nicht, immer ‚Danke‘ zu sagen. Ich brauch das selbst ja auch nicht immer zu hören.“
Natürlich hat jede Person ihren eigenen Stil, ihre eigene Persönlichkeit und hat eigene Erfahrungen im Gepäck. Und das ist auch gut so! Aber man sollte sich schon im Klaren darüber sein, dass die KollegInnen vielleicht anders ticken als man selbst. Es ist leider ein klassischer Denkfehler, dass man von sich auch auf andere schließt.
Hinter jedem Führungsstil steckt zudem auch immer ein gewisses Menschenbild, also eine Vorstellung darüber wie Menschen „funktionieren“. Führungskräfte sollten sich selbst und das sie leitende Menschenbild auch mal hinterfragen:
- Glaube ich, dass Menschen auch dann gut arbeiten, wenn man sie nicht kontrolliert?
- Stehen Menschen auf Routinen, die sie schon gut können, oder wollen sie eher ständige Abwechslung?
- Glaube ich, dass man in der Arbeit die Gefühle von Beschäftigten beachten sollte?
- Glaube ich, dass Menschen immer gleich behandelt werden wollen oder kann ich mir vorstellen, dass man an unterschiedlichen Tagen auch unterschiedliche Bedürfnisse hat?
- Glaube ich, dass Menschen gerne Verantwortung übernehmen oder eher, dass man sich grundsätzlich immer vor Verantwortung drückt, wenn es geht?
- Glaube ich, dass Beschäftigte gerne etwas lernen und sich weiterentwickeln wollen?
Diese Fragen können dabei helfen, den (eigenen) Führungsstil zu beurteilen. Viele Aspekte von Führungsverhalten haben einen direkten und indirekten Einfluss auf die Gesundheit der Beschäftigten. Es ist daher wichtig sich als Führungskraft seiner Wirkung bewusst zu sein und (im Normalfall) bewusst mit dieser Verantwortung umzugehen.
Magazin "Für dich", Ausgabe Dezember/04/2018.
Veronika Jakl
Arbeitspsychologin, Autorin ("Aktiv führen") und Gastgeberin bei den "Pionieren der Prävention".
Begleitet seit 12 Jahren Organisationen dabei motivierende Arbeitsbedingungen zu schaffen und psychische Belastungen zu reduzieren.
Unterstützt PräventionsexpertInnen, die wirklich etwas bewegen wollen.
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