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Warum klare Ansagen keine Wirkung zeigen in der Arbeitssicherheit

Und wer das nicht beachtet, wird krachend scheitern in der Arbeitssicherheit!

In dieser Episode sprechen wir über Kommunikationsstrategien für Sicherheitsfachkräfte und wie man mit Widerstand in Gesprächen umgeht. Wir sprechen darüber, warum klare Ansagen nicht immer wirken, und welche wissenschaftlichen Erkenntnisse zeigen, warum wir nicht nur mit Regeln argumentieren sollten. Und: Ich erzähle auch, wie unsere eigene psychische Verfassung Einfluss darauf nimmt, wie wir Gespräche führen.
Nach dieser Episode können Sie besser einschätzen, warum gezielte Gesprächstechniken notwendig sind, damit Sie in der Arbeitssicherheit auch etwas bewirken.

Ich zeige Ihnen heute also, wie man mit herausfordernden Gesprächssituationen in der Arbeitssicherheit umgehen kann und warum dabei IHRE innere Haltung eine ganz zentrale Rolle spielt. Damit Sie auch bei Widerstand und Kritik souverän bleiben und nachhaltige Verhaltensveränderung bewirken können.

Ich habe derzeit bei einer SFK-Ausbildung in Österreich einen Halbtag zum Thema "Kommunikation und Gesprächsführung" gehalten. Und da war ein besonders skeptischer Teilnehmer dabei.

Ich habe da viele Einflussfaktoren auf die Kommunikation vorgestellt, wie viele verschiedene Stakeholder wir bedienen müssen und habe dann mit diversen Gesprächstechniken begonnen. Unter anderem habe ich vorgestellt: Die Haltung des Wissens und des Nichtwissens in der Beratung. Also, wann sollte ich auch mal zuhören und die Person unterstützen, die eigene Antwort zu finden.

Diese angehende SFK mit ganz viel Berufserfahrung, die auch schon zum Thema Arbeitssicherheit eingesetzt wurde im Betrieb sagt: "Warum kann ich nicht einfach klare Ansagen machen? Warum soll ich so tun, als könnten die sich alles aussuchen und ich frage nur nett? Das ist doch Blödsinn! Es ist halt Vorschrift!"

Ich verstehe den Widerstand total! Aber wenn wir einfach nur "klare Ansagen" machen müssten, dann wäre Arbeitssicherheit einfach und es gäbe fast keine Probleme mehr. Nur so ist es halt leider nicht.

Studien zeigen:
Wenn wir auf die Einhaltung von Vorschriften pochen im ganzen Präventionsbereich, hilft das in der Regel nicht. Vor allem, wenn die Leute uns nicht vertrauen und uns nicht als Expert:innen ansehen.

Nur Gesetze allein ändern das Verhalten der Leute in der Regel nicht. Dazu braucht es mehr. Natürlich hängt es im Einzelfall auch von der Persönlichkeit meines Gegenübers ab: Nicht jeder reagiert gleich, nicht jede Situation ist vergleichbar.

In der Regel brauchen wir aber das Vertrauen unseres Gegenübers als Grundlage für die Verhaltensänderung. Nur wenn die Quelle der Botschaft als glaubwürdig und wohlwollend angesehen wird, wird die Botschaft ernst genommen.

Aber auch als SiFa/SFK:
Da hat man noch viel mehr Arten von Gesprächen als nur die Hinweise auf akute Gefahren, wo es jetzt gerade um Leben und Tod geht. Und auch gibt es nicht immer 100% eindeutige Vorschriften.

Wir haben ganz viele Gespräche in der Arbeitssicherheit, wo es beispielsweise darum geht, sich die Einführung neuer Prozesse zu überlegen, dass man sich Rückmeldungen zur PSA-Nutzung holt, dass man Gespräche mit Vorgesetzten über Ressourcen führt. Es geht ganz viel um das Besprechen, Diskutieren, Meinung einholen, Abwägen. Das gehört alles dazu. Nur klare Ansagen von uns als Expert:innen sind es nicht. Und wer das nicht beachtet, wird krachend scheitern in der Arbeitssicherheit!

Zurück zur Haltung des Nichtwissens:
Auch wenn ich Expert:in bin, bleibe ich neugierig auf meine Gegenüber! Ich will ihnen Fragen stellen, ich will drauf kommen, was die Leute motiviert, was deren Ziele sind, was sie vielleicht auch schon ausprobiert haben in der Vergangenheit. Und das braucht Empathie, Ruhe, gute Gesprächsführung. Und ja, ich weiß auch als Psychologin: Das ist nicht immer angenehm für uns als Präventionsexpert:innen. Dieses ständige empathisch Eingehen auf das Gegenüber ist langfristig anstrengend. Manchmal würden wir uns einfach wünschen, dass wir fest auf den Tisch hauen und dann halten sich alle an unsere Vorgaben.

Die Sifa-Langzeitstudie hat auch hier gezeigt:
Der Wunsch danach wird stärker je gestresster wir selbst sind. Also: Je gestresster die Leute selbst sind, desto eher gibt es die Zustimmung zu Vorschriften- und Kontrollorientierung. 

Und unter uns gibt's ja wahrscheinlich auch eine höhere Anzahl an Personen, die sich einfach an Regeln hält, wenn sie da sind. Das ist meine Vermutung.
Unsere Bedürfnisse sind ja nicht die Bedürfnisse unserer Gegenüber. Und das macht es manchmal noch schwieriger zu verstehen, wenn andere Leute anders reagieren.

Davon bin ich überzeugt:
Diskutieren ≠ Unsicherheit: Diskutieren alleine hat nichts mit Unsicherheit zu tun. Diskussion schafft bewusst Beteiligungsprozesse. Und mit dieser Partizipation gebe ich auch Verantwortung an das Gegenüber ab.

Wenn wir uns nur auf unsere "harten Ansagen" verlassen, dann lastet auch die ganze Verantwortung auf uns, und das wollen wir auch nicht. Wir wollen ja, dass die Leute Eigenverantwortung haben und leben. Aber dafür müssen wir die Beschäftigten auch ernst nehmen!

Also:
Klare Ansagen reichen in der Prävention oft nicht aus. Wichtiger ist echtes Zuhören, Verständnis zu zeigen, gemeinsam tragbare Lösungen zu finden. Denn Druck erzeugt vor allem Gegendruck. Dialog und Haltung machen den Unterschied.

Aufgabe der Woche:
Achten Sie bei einem Ihrer nächsten Gespräche ganz bewusst darauf, wie oft Sie Fragen stellen statt Anweisungen geben.
Reflektieren Sie danach: Wie hat Ihr Gegenüber reagiert? Welche Wirkung hatte das auf die Gesprächsdynamik?

Feedback und Fragen an Veronika Jakl:
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Hier geht es zur Online-Akademie "Pioniere der Prävention":

Veronika Jakl

Arbeitspsychologin, Autorin ("Aktiv führen") und Gastgeberin bei den "Pionieren der Prävention".

Begleitet seit 12 Jahren Organisationen dabei motivierende Arbeitsbedingungen zu schaffen und psychische Belastungen zu reduzieren. 
Unterstützt PräventionsexpertInnen, die wirklich etwas bewegen wollen.

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