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Leute kündigen als Konsequenz von Prävention?

Ich habe das Prinzip: Love it, change it or leave it.

In der Podcast-Episode 165 sprechen wir darüber, ob man Beschäftigte kündigen darf, die keine Sicherheitsmaßnahmen einhalten und ob es OK ist, eine Führungskraft zu kündigen, weil sie einen Stressfaktor darstellt und ob es gut ist, wenn Führungskräfte selbst kündigen, weil sie so negatives Feedback bekommen haben. Denn manchmal sind Kündigungen die Konsequenz von guter Präventionsarbeit. Oder?

Wir reden also über ganz harte Konsequenzen von Prävention. Nicht über Leben und Tod. Aber fast. Wir reden über die Kündigung von Führungskräften und Beschäftigten als Konsequenz von Präventionsarbeit. Und darüber, dass Leute selbst das Unternehmen verlassen.

Ich habe schon so viele Varianten erlebt:

  • Führungskraft wird (fast) gekündigt, weil sie einen Stressfaktor darstellt

  • Mitarbeiter:in wird gekündigt, weil er/sie sich nicht an Sicherheitsvorschriften hält

  • Personen kündigen selbst, weil sie die ungesunde Kultur nicht mehr ertragen oder wegen fehlenden Maßnahmen gegen Stress

  • Führungskraft kündigt selbst, weil sie so negatives Feedback bekommen hat

Aber es ist so problematisch!

Denn wir wollen ja die Arbeitswelt besser machen, oder? Und da wollen wir nicht Leute bedrohen mit Kündigung oder auch keine Atmosphäre schaffen, wo Leute sagen: "Da will ich nicht länger arbeiten."

Andererseits:

Manche Leute checken es sonst vielleicht nicht, dass es wirklich ernst ist. Und dass es der Firma wirklich ernst ist mit Arbeitssicherheit und den Maßnahmen gegen Stress.

 

Also gehen wir das mal durch:
Ist es gerechtfertigt oder fair oder auch in Ordnung, wenn nach einer Gefährdungsbeurteilung psychische Belastungen Führungskräfte gekündigt werden?

Ich bin schon gefragt worden von Geschäftsführungen, ob sie Führungskräfte kündigen sollen, weil diese so schlechte Ergebnisse hatten bei einer Evaluierung psychischer Belastungen. Weil kein Vertrauen von den Teammitgliedern da war, weil die Führungskraft unsachliches Feedback gibt und einiges mehr.

Meine Meinung

Ich gebe hier keine Empfehlung ab. Das ist nicht meine Rolle. Ich zeige auf, wo die Problematiken liegen, wo die Führungskraft psychische Arbeitsbedingungen NICHT motivierend gestaltet. Ich kann gegebenenfalls hier auch Einzelcoachings machen. Aber ich gebe keine Empfehlung ab, ob die Person zu kündigen ist oder nicht.

Und das würde ich auch allen empfehlen, die in der Arbeitssicherheit unterwegs sind und z.B. gefragt werden, ob Mitarbeiter:innen zu kündigen sind, die sich nicht an Vorschriften halten. Das ist nicht Ihre Rolle! Das zerstört das Vertrauen von den anderen Mitarbeiter:innen in Sie.

Überlegen Sie mal:
Sie empfehlen einen Mitarbeiter zu kündigen, der nie seinen Helm aufsetzt oder sich nie anschnallt, wenn er mit dem Gabelstapler fährt. Ja, es würde zeigen, dass Ihnen das Thema ernst ist.
Aber es zeigt auch: Sie wissen sich nicht anders zu helfen. Sie glauben, es ist offenbar am Ende die Schuld des Mitarbeiters und lassen die ganzen Rahmenbedingungen, die ihn dazu gebracht haben, außer acht.

Es ist ein "die Schuld zuschieben"! Und das ist niemals sinnvoll und hilfreich. Und auch kein gutes Signal für alle anderen.

Und jetzt stellen Sie sich mal vor, dieser Mitarbeiter erfährt das, wird aber nicht gekündigt, z.B. weil er eben sonst super Leistungen abliefert. Das Vertrauen können sie nie wieder herstellen. Der Mitarbeiter wird sich sicher nicht an Sie wenden, wenn er z.B. einen Beinahe-Unfall hat. Warum auch? Vertrauen und psych. Sicherheit sind weg.

Ich habe es auch schon erlebt, dass dann Menschen von sich aus gekündigt haben:

Also bei einer Firma war es so, dass die Geschäftsführung nur 50% Zustimmung hatte bei der Frage, ob die Beschäftigten das Vertrauen haben in die Geschäftsführung. Und dann? Ein knappes Jahr später hat die Geschäftsführung tatsächlich gekündigt und das Unternehmen verlassen. Einige Führungskräfte haben das auch darauf zurückgeführt, dass man eben hier nicht den Rückhalt hat in der Organisation. Und dass das deswegen so gelaufen ist.

Da habe ich dann immer wieder die Diskussionen: Ist das in Ordnung? Muss man das auf jeden Fall verhindern?

Ich habe dann auch gehört von der Personalistin: Wir müssen schauen, dass es bei der nächsten Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen darum geht, worum es eigentlich gehen sollte: Die psychischen Belastungen. Und es darf nicht passieren, dass dann Leute so eine harte Konsequenz draus ziehen und gehen. Wir müssen versuchen, die Leute auf jeden Fall zu halten.

Ich bin anderer Meinung! Es ist total gerechtfertigt, wenn jemand am falschen Platz ist bzw. sich am falschen Platz fühlt. Dann ist es wichtig, das festzustellen. Es gibt einen sogenannten Person-Environment-Fit, also dass die Person und die Arbeitsumgebung zusammenpassen muss, damit gut miteinander gearbeitet werden kann.

Wenn die Person durch Selbstreflexion draufkommt, dass Sie da nicht hingehört oder mit den Personen nicht arbeiten kann, die da sind? Dann ist das gut! Ich kann vieles verbessern an den Arbeitsbedingungen. Aber ich kann durch meine Präventionsarbeit nicht alles verändern.

Ich habe ja das Prinzip: Love it, change it or leave it. Also: Lieben, versuchen zu verändern oder verlassen.

Ich habe es auch schon erlebt, dass Mitarbeiter:innen gekündigt haben nach einem Workshop zu den psychischen Belastungen und mir dann gesagt haben, dass sie da drauf gekommen sind, dass es für sie einfach nicht passt und sie nicht das Vertrauen in die Organisation haben, dass sich genug ändern wird. Das ist schade, aber in Ordnung. Erwachsene dürfen eigene Entscheidungen treffen.

Also:
Nicht empfehlen Leute zu kündigen, weil sie Prävention nicht unterstützen. Aber Leute gehen lassen, denen das Umfeld nicht passt.

Haben Sie so etwas auch schon erlebt? Senden Sie mir gerne auf LinkedIn eine Direktnachricht ;-)

Und wenn Sie Fragen haben rund um den Erfolg in der Prävention, dann melden Sie sich gerne bei mir! Schicken Sie mir eine Sprachnachricht über LinkedIn oder unter dem Link https://www.speakpipe.com/pionierederpraevention . Ich beantworte dann gerne Ihre Frage in einer der nächsten Podcast-Episoden.

Feedback und Fragen an Veronika Jakl:
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Hier geht es zur Online-Akademie "Pioniere der Prävention":

Veronika Jakl

Arbeitspsychologin, Autorin ("Aktiv führen") und Gastgeberin bei den "Pionieren der Prävention".

Begleitet seit 12 Jahren Organisationen dabei motivierende Arbeitsbedingungen zu schaffen und psychische Belastungen zu reduzieren. 
Unterstützt PräventionsexpertInnen, die wirklich etwas bewegen wollen.

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