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Magazin PUNKT! "Out & In ein Leben lang"

Magazin PUNKT!, Ausgabe 01 vom 26.01.2017 Magazin PUNKT!, Ausgabe 01 vom 26.01.2017

"Anderssein in der Schule ist auf etwa ein Dutzend Jahre beschränkt. Wer in der Arbeit anders ist als seine Kollegen, der ist es mehr als ein halbes Leben lang - nämlich bis er mit 60,1 Jahren in Pension geht oder mit 81,7 Jahren dahinrafft. Von den schönen und weniger schönen Seiten des Andersseins und möglichen Auswegen."

Mit einem Interview von Veronika Jakl.

Zitate:

"Wesentliches Merkmal des Arbeitsplatzes sei, dass man im Gegensatz zum Freundeskreis nur eine Zweckgemeinschaft bilde, keine Gruppe die sich freiwillig gefunden habe, beschreibt Veronika Jakl, Arbeitspsychologin, das soziale Gefüge im Büro. Die Arbeit sei eine erzwungene Liaison, in der sich die verpflichtenden Beteiligten gegenseitig häufiger sehen als ihre jeweiligen  Ehepartner, Kinder oder Freunde. Umso wichtiger sei es daher, sich akzeptiert zu fühlen.

Die Ursachen dafür am Arbeitsplatz in die Außenseiterrolle zu kippen, können vielfältig sein. Mangelhafte emotionale und soziale Fertigkeiten, Stress und Zeitdruck, hohe Belastungen, unzureichende Fehlerkultur oder inkompetente Personalführung. Zu einer Ausgrenzung komme es häufig auch, weil diese angesprochenen Konflikte nicht gelöst werden und in der Folge eskalieren, wie Jakl betont. Sie rät dazu, Spannungen und Missverständnisse frühzeitig aus der Welt zu räumen, bevor sie sich verschlimmern. Manchmal ist man aber auch einfach zur falschen Zeit am falschen Ort. Doch es gibt Hoffnung und Wege zurück in den Schoß der Gemeinschaft (siehe Interview mit Veronika Jakl)."

 

"Arbeitspsychologin Veronika Jakl im Interview

Du bist einer der “Anderen”? Dann helfen dir vielleicht diese Tipps:

 

Punkt!: Was muss passieren, um vom Out- wieder zum Insider zu werden? Was können Betroffene selbst tun?

Veronika Jakl: „Je nachdem, wie weit ein Konflikt schon fortgeschritten ist, gibt es unterschiedliche Möglichkeiten. Bei tiefgreifenden, langen Konflikten ist es schwierig für „Außenseiter“ aus eigener Kraft wieder Teil der Gruppe zu werden. Dazu gehören immer zwei Seiten. Für Betroffene kann hier Selbstreflexion, Stärkung des eigenen Selbstbewusstseins, auch abseits von der Arbeit, und Aufbau von Konfliktkompetenzen hilfreich sein. Um das Gefühl aufzubrechen machtlos einer Gruppe gegenüberzustehen, kann es helfen, sich einzelnen Personen anzunähern und hier einen guten Kontakt aufzubauen. Dadurch gewinnt man im Arbeitsalltag informelle Ansprechpartner und baut sich langsam ein Netzwerk auf.“

 

Punkt!: Was kann unser aller Beitrag sein, dass wir hier nicht selbst zu Mobbenden werden, ohne es möglicherweise zu wissen?

Jakl: „Mobbing setzt per Definition systematische Handlungen über einen längeren Zeitraum voraus. Es beruht also in der Regel auf Vorsatz. Daher ist es nicht möglich, jemanden anderen zu mobben ohne es zu wissen. Konflikthandlungen, die zwar verletzend sein können, aber nicht systematisch oder nur einmalig passieren, sind einfache Konflikte und fallen nicht unter Mobbing. Der Begriff wird leider zu inflationär verwendet. Grundsätzlich rate ich jedem: Sprecht Spannungen und Missverständnisse frühzeitig an, bevor es sich verschlimmert. Konflikte haben die Tendenz zu eskalieren, daher sollte man sie schon frühzeitig bearbeiten. Kritik sollte immer sachlich und überlegt sein. Geht nicht davon aus, dass eure Wahrnehmung die einzige Wahrheit ist. Wird über Abwesende gelästert, sollte man sich raushalten, aber auch laut sagen, dass man das nicht in Ordnung findet. Stillschweigen wird oft mit Zustimmung verwechselt. In Gruppen agiert man manchmal enthemmter und negativer als man es allein tun würde. Vorgesetzte sollten hier nicht vergessen, dass sie eine Fürsorgepflicht gegenüber ihren Mitarbeitern haben.“

 

Punkt!: Was würden Sie jemandem raten, der in einer solchen Situation ist?

Jakl: „Personen, die unter systematischem Mobbing leiden, sollten sich psychologisch und rechtlich beraten lassen. Wenden Sie sich an interne Anlaufstellen wie Arbeitspsychologen, Arbeitsmedizinern oder den Betriebsrat. Auch sollte auf jeden Fall ein Tagebuch über die Mobbing-Handlungen geführt werden. Das bringt einerseits für sich selbst mehr Klarheit und kann andererseits bei Mediationen oder einer rechtlichen Auseinandersetzung ein wichtiges Beweismittel sein.“ "

 

Magazin PUNKT! (Ausgabe 01 vom 26.01.2017). "OUT & IN & OUT & IN ein Leben lang". Ein Bericht von Iris Krassnitzer und Melissa Huber.

Veronika Jakl

Arbeitspsychologin, Autorin ("Aktiv führen") und Gastgeberin bei den "Pionieren der Prävention".

Begleitet seit 12 Jahren Organisationen dabei motivierende Arbeitsbedingungen zu schaffen und psychische Belastungen zu reduzieren. 
Unterstützt PräventionsexpertInnen, die wirklich etwas bewegen wollen.

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