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HR Inside Summit Blog: Evaluierung psychischer Belastungen – Was bringt langfristig wirklich Erfolg?

Stress ist an vielen Arbeitsplätzen Alltag. Sicher auch an Ihrem. In Österreich sind 44% der Unternehmen mit 250+ MitarbeiterInnen unzufrieden mit der Kommunikation oder Zusammenarbeit und in 55% aller Unternehmen herrscht Zeitdruck!

Daher wurde die Europäische Rahmenvereinbarung zu Stress am Arbeitsplatz verankert, welche eine entsprechende Umsetzung in Österreich durch ArbeitnehmerInnenschutzgesetz erhalten hat. Seit 2013 ist daher jede Firma verpflichtet sich auch um die psychischen Arbeitsbedingungen zu kümmern!

Menschengerechte Arbeitsbedingungen haben viele Vorteil für die Organisationen: effizientere MitarbeiterInnen, weniger stressbedingte Krankenstände, weniger Konflikte und damit mehr Zeit fürs produktive Arbeiten.

Welchen Beitrag kann dazu die gesetzliche Evaluierung psychischer Belastungen leisten?

 

Hier ein Beispiel:

Eine Fach-Abteilung wird geführt von einer fachlichen Abteilungsleiterin und einem kaufmännischen Abteilungsleiter. Unter ihnen gab es 3 TeamleiterInnen. Die Evaluierung psychischer Belastungen mit Gruppendiskussionen und Einzelgesprächen zeigte, dass der Außendienst-Teamleiter große Konflikte mit dem kaufmännischen Abteilungsleiter austrug. Sie stritten sich lautstark und waren gegenseitig sehr misstrauisch. In weiterer Folge hatten die Außendienst-MitarbeiterInnen das Gefühl, dass ihnen wichtige Informationen der Abteilungsleitung vorenthalten wurden. Auch hatten sie jedes Mal Angst, wenn sie vom kaufmännischen Abteilungsleiter besucht wurden, weil sie ja viele Horrorgeschichten kannten, aber im Arbeitsalltag selbst wenig mit ihm zu tun hatten. Die fachliche Abteilungsleiterin hingegen wurde von alle sehr geschätzt.

 

Nach vielen Gesprächen legte der Teamleiter seine Funktion freiwillig zurück. Stattdessen wurden seine Projektverantwortungen auf alle Außendienst-MitarbeiterInnen aufgeteilt. Diese freuten sich über die zusätzliche Verantwortung und die damit verbundene Abwechslung. Auch der kaufmännische Abteilungsleiter hat durch die Evaluierung viel Feedback zu seinem Kommunikationsstil bekommen und das in Einzelcoachings weiter bearbeitet. Zusätzlich gibt es jetzt regelmäßige Besprechungen zwischen den beiden Abteilungsleitungen und alle Außendienst-MitarbeiterInnen. Das bringt gegenseitiges Vertrauen und eine direkte Kommunikation aller wichtigen Infos! Die MitarbeiterInnen erzählen nach 6 Monaten von einer deutlich positiveren Atmosphäre und effizienterem Arbeiten.

 

Was sind nun die Erfolgsfaktoren für nachhaltige psychologische Arbeitsgestaltung?

Mit guter Planung und systematischer Vorgehensweise können Sie auch in Ihrer Organisation menschengerechte und motivierende Arbeitsbedingungen unterstützen:

  1. Binden Sie frühzeitig alle Stakeholder in der Prozess ein (HR, Geschäftsführung, Führungskräfte, Betriebsrat…)
  2. Nützen Sie eine detaillierte und gezielte Feststellung des Status quo durch professionelle Messverfahren und eine Analyse auf Abteilungsebene. Nur so ist sichergestellt, dass Sie am Ende der ersten Phase wissen, wo es überhaupt welche Stressfaktoren gibt.
  3. Lassen Sie sich arbeitspsychologisch begleiten. So ein externer Blick hilft gegen Betriebsblindheit und verschafft Ihnen wissenschaftlich fundierte Empfehlungen für Arbeitsgestaltung.
  4. Die Themen müssen langfristig eingebettet sein auf Ebene oberster Führungsebene (z.B. durch Eingliederung in Zielvereinbarung und Qualitätsmanagement) und in allen Abteilungen (z.B. durch entsprechende Tagesordnungspunkte im Jour-fixe). Ansonsten ist die Gefahr groß, dass die Evaluierung als einmaliges Projekt nur Papier produziert, aber keine wirkliche Verbesserung bringt.

 

77% der Unternehmen haben (noch) keinen Handlungsplan gegen arbeitsbedingten Stress. Dabei wären konkrete Maßnahmen für motivierende, stressfreie Arbeitsbedingungen so wichtig! Und damit sind keine Yoga-Kurse oder Obstkörbe gemeint. Sondern eine tatsächliche Veränderung der Arbeitsbedingungen! Es geht damit jahrzehntealte Abläufe an neue Arbeitsweisen anpassen, den Informationsfluss transparenter zu machen oder für mehr Feedback zu sorgen. Das kann auch heißen eine fundierte Organisationsentwicklung zu machen, wenn viele Brandherde lodern.

Damit lassen sich sicher nicht alle Burn-out-Fälle verhindern, aber für die Mehrheit der MitarbeiterInnen wird ein motivierendes Arbeitsumfeld geschaffen!

 

Quellen:

 

Originalartikel im Blog des HR Summit: http://blog.hrsummit.at/ 

Veronika Jakl

Arbeitspsychologin, Autorin ("Aktiv führen") und Gastgeberin bei den "Pionieren der Prävention".

Begleitet seit 12 Jahren Organisationen dabei motivierende Arbeitsbedingungen zu schaffen und psychische Belastungen zu reduzieren. 
Unterstützt PräventionsexpertInnen, die wirklich etwas bewegen wollen.

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